Nikki Yanofsky | News | Das Jazzhäkchen

Das Jazzhäkchen

Nikki Yanofsky © Steven Haberland
© Steven Haberland
06.12.2010
Generationsprobleme waren gestern – heute singt eine 16-Jährige genauso gerne und gut die Klassiker von Ella Fitzgerald, Duke Ellington und den Beatles. Allerdings ist Nikki Yanofsky auch nicht irgendeine 16-Jährige.

Text: Götz Bühler | Foto: Steven Haberland

Mein erster öffentlicher Auftritt war beim Montreal Jazz Festival vor 125.000 Menschen”, erzählt Nikki Yanofsky in einer Hamburger Hotelsuite. „Als wir nach dem ersten Set in die Garderobe gingen, konnte ich zum ersten Mal das gesamte Publikum sehen. ‚Guck mal, wieviele Leute, Mami!‘ Meine Mutter nickte nur. Und ich: ‚Die kann ich doch nicht warten lassen. Sollten wir nicht lieber gleich das zweite Set spielen?‘ Ich wollte immer Aufmerksamkeit. Ich liebe es, die Leute zu unterhalten.“ Nur einmal, sagt die Kanadierin, sei sie etwas nervös gewesen: Bei ihrem Auftritt vor etwa zwei Milliarden Fernsehzuschauern, als sie in Vancouver die Eröffnungshymne der Olympischen Winterspiele 2010 sang. „Aber das hatte eher mit meinen Highheels zu tun“, lacht die dunkeläugige Jeansträgerin. „Ich hatte Angst, vor der ganzen Welt diese riesige Treppe herunterzufallen. Das hätte mir ähnlich gesehen. Ich bin nicht die Geschickteste.“

Nikki Yanofsky betont gerne, dass ihr das Label „Jazzsän-gerin“ von außen aufgedrückt wurde und sie sich „nie selbst so be­zeichnet hat“. Sie sagt: „Ich bin eine Sängerin. Punkt. Ich liebe gute Musik. Warum sollte ich mich da auf einen Stil beschränken?“ Trotzdem ist es bemerkenswert, dass sie eben nicht nur nahezu perfekt intoniert und phrasiert, sondern ihre Talente vor allem auf die Klassiker ihres Idols Ella Fitzgerald anwendet. Bis jetzt. Nach ihrem „Airmal Special“ auf dem Samp-ler „We All Love Ella“ von 2007 („Ich klinge wie auf Helium. Na ja, ich war auch erst 12.“), veröffentlichte sie 2008 ihr Kanada- Debüt „Ella … Of Thee I Swing“, eine Live-Aufnahme mit Bigband, die für zwei Juno Awards nominiert war. „Nikki“ heißt nun der „internationale“ Erstling. Das Album beginnt, erwartungsgemäß, mit einem Standard, und dann gleich Ellingtons New-York-Gassenhauer „Take The A Train“, den Yanofsky mit ein bisschen Textkosmetik für Anspielungen an die NY-Initialen-Gleichheit nutzt. Neben weiteren Evergreens fallen auf diesem von Starmacher Phil Ramone produzierten Album besonders die neuen Songs auf. An nur zwei Tagen gemeinsam mit Jesse Harris, von dem einige der besten Norah-Jones-Lieder stammen, und dem kanadischen Singer/Songwriter Ron ­Sex­smith im Keller der Yanofskys in Montreal geschrieben, spürt man bei „Never Make It On Time“ oder „Cool My Heels“ vielleicht am deutlichsten das Potenzial der jungen Sängerin. Das klingt zwar viel weniger nach Ella und mehr nach Katie Melua oder Taylor Swift, aber immer frisch und frei und vielversprechend. Immerhin fängt Nikki Yanofsky eben erst an, so sehr sie auch jetzt schon von Quincy Jones oder Tony Bennett gelobt wird. „Die Leute sagen: Du bist doch erst 16. Willst du nicht erstmal herausfinden, was es sonst noch so gibt?“,erzählt sie. „Warum sollte ich das? Ich kann mir gar nicht vorstellen, etwas anderes zu machen.“ Ihre Mutter, die daneben sitzt, wirft ein: „Maniküre vielleicht? Das kannst du doch auch …“ Beide lachen. Und dann, wieder ganz ernst und vielleicht ein wenig auswendig gelernt, sagt die frühreife 16-Jährige: „Ich denke, wenn man etwas findet, das man wirklich liebt und am liebsten jede Stunde jedes Tages machen möchte, dann kann und sollte man das nicht einfach loslassen. Oder?“

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