Norah Jones | News | Biografie: März 2012

Biografie: März 2012

Norah Jones
29.02.2012

Mit Little Broken Hearts, ihrer neuesten Zusammenarbeit mit Danger Mouse, hat Norah Jones ihren Sound auf mitreißende Art weiter raffiniert verfeinert. Zwölf geheimnisvoll leuchtende Songs über zwölf kleine gebrochene Herzen. Jeder von ihnen eine Erkundungsfahrt durch alle Varianten menschlicher Emotionen, die aber ausnahmslos voller positiver Energie und Schönheit sind.

Jones lernte Danger Mouse/Brian Burton, kennen, als er sie 2008 unbedingt für sein ROME-Projekt gewinnen wollte, seine Hommage an die klassische italienische Filmmusik. “Ich kannte Norahs Stimme schon lange vorher”, sagt Burton, “und sie fiel mir ein, als ich an ROME arbeitete. Wir haben damals nicht über viele Leute nachgedacht, denn Norah war sofort erste Wahl. Sie ist eine großartige Sängerin.”

Nach den Aufnahmen fragte Jones, ob sie noch einmal zusammenarbeiten würden, und Burton schlug vor, irgendwann einmal etwas Dunkles und Stimmungsvolles auszuprobieren. “Ich erinnere mich, dass ich damals nicht unbedingt daran dachte, eine solche Platte zu machen”, lacht Jones. “Aber ich wusste genau, dass ich irgendetwas mit ihm machen wollte – er besitzt diese sagenhafte Energie im Studio, und ich war im Prinzip offen für alles.”

Also ergab sich die Gelegenheit, ein paar Tage in Burtons Studio zu verbringen, um Songs zu schreiben. Jones dazu: “Es fühlte sich locker an, so gar nicht nach Arbeit. Wir fingen einfach an und hatten sofort Ideen für fünf Songs. Wir wollten das unbedingt ausprobieren. Hätte es nicht geklappt, wäre es auch völlig in Ordnung gewesen. Kein Stress.”

Dann schlug die Realität zu. Jones tourte sehr lange mit ihrem 2009er-Album The Fall und Burton hatte ähnliche Verpflichtungen mit Broken Bells und anderen Projekten. Aber jedes Mal, wenn sich die Wege der beiden kreuzten, schworen sie sich, die begonnenen Stücke zu vollenden. Es dauerte natürlich einige Zeit, bis ihre Terminkalender endlich zueinander passten. Dann mietete sich Jones für zwei Monate ein Haus in Los Angeles und die beiden begannen, ihre Arbeit normal fortzusetzen.

Jones kam allerdings mit leeren Händen nach Kalifornien – ohne Songs, ohne Arrangements, sie hatte nur ein paar Ideen notiert. Das war für sie etwas komplett Neues. Denn bei jeder ihrer bisherigen Studioproduktionen – von ihrem Debüt Come Away With Me bis The Fall – erschien sie mit fertigen Songs oder zumindest wenigstens einigen grundlegenden Ansätzen. Jones sagt, sie sei anfangs ziemlich begeistert davon, später aber doch ein wenig nervös gewesen, ob sie denn Ideen haben würde. Aber als sie anfingen zu schreiben, dauerte es nicht lange, bis sie sich damit anfreundete, spontan auf die Herausforderungen zu reagieren, die sich durch die Chemie zwischen ihr und Burton ergaben.

Dabei half ihnen, dass sie unterschiedliche Musik hörten, Genre-übergreifend, von Fleetwood Mac bis zu den Violent Femmes. “Es gibt da einen Trick im Studio, der mit Inspiration zu tun hat”, meint Jones, “und genau den hat Brian voll drauf – es hat unheimlichen Spaß gemacht, seine Einflüsse zu entdecken, die ich zwar mag, aber die keine für mich waren. Manchmal spielte er mir mit einem unschuldigen Lächeln etwas vor, aber ich wusste genau, dass etwas dahinter steckte. Nach dem Motto: ‚Lass uns das hören und dann mal sehen, was passiert'. Darauf bin ziemlich gut eingegangen, weil jeder von uns beiden quasi von einem anderen Brett sprang und woanders landete.”

Was Jones angeht, so landete sie wirklich an vielen anderen Orten: Little Broken Hearts trägt den Hörer durch erstaunlich nuancierte Umgebungen, die man schwerlich nur als “Pop” bezeichnen kann. Jeder einzelne Song zeigt ihre innige, scheinbar mühelose Phrasierung. Natürlich gibt es klassische Norah Jones-Stücke – den nachdenklichen Opener “Good Morning” zum Beispiel – aber die meisten anderen bewegen sich doch ziemlich weit weg von den Rhythmen und Melodien, die man von ihr gewohnt ist. Da gibt es impressionistische Ausflüge in den Country der ’70er (“Travelin' On”), aber auch einsame, bittersüße Straßenhymnen (“Out on the Road”), Momente von unglaublichem Groove (“Say Goodbye”) und lässige Reflektionen über Traumsequenzen (“After The Fall”).

Zur Teamarbeit gehört auch, dass man die Rollen und eben auch die Instrumente tauscht, um das einzufangen, was man hört. “Oft kamen Sätze wie ‘Ich mag kein großartiger Gitarrist sein, aber das passt an dieser Stelle’”, erklärt Jones. Viele der Aufnahmen stammen wirklich nur von den beiden Künstlern, moderne Technik dank Multitracking macht es möglich. (Später nahmen sie noch eine Band dazu -Drummer Joey Waronker, Bassist Gus Seyffert und Gitarrist Blake Mills – um einige Songs aus zu pinseln). Während der Schreibphase nämlich benutzten Jones und Burton die höchst imposante Ansammlung an Instrumenten in seinem kleinen Studio (Keyboards etc.), um bestimmte Töne und Atmosphären zu kreieren, die den Sound der Stücke definieren sollten. “Ich bin sehr genau bei Aufnahmen”, sagt Jones, “zum Beispiel muss sich ein Piano an der Stelle exakt so anhören und so weiter. Aber bei Brian kommt es mehr auf die Atmosphäre und den Vibe an.”

Die Ideen sprudelten förmlich. Am Ende des Projekts, so erinnert sich Jones, skippt Burton durch sein Smart Phone und stolpert quasi durch Zufall über eine Kurzaufnahme der beiden während der ersten Session, die sie schon vergessen hatten. “Man hörte ihn diese Akkorde auf der Gitarre spielen und mich irgendeinen Quatsch dazu singen. Wir hörten uns das an, und nach drei Minuten kam wirklich eine Melodie, die funktioniert.” Dazu schrieben sie einen Text und am nächsten Tag nahmen sie das bezaubernde “Travelin' On” auf.

Wie die meisten Songs der Platte handelt er von einem verletzten Menschen – in der Zeit zwischen dem Beenden von The Fall und dem Beginn dieses Projektes machte Jones eine weitere Trennung durch. “Man könnte sagen, dass das ‚Leben passiert', weil ich eigentlich mit dieser Art von Songtexten seit einiger Zeit durch war. Aber dann kam während der Arbeit auf einmal alles heraus. Wir hatten diese tollen Gespräche über Liebe, Beziehungen und die endlosen Versuche, das alles zu verstehen, und irgendwie hat sich das in unsere Arbeit eingeschlichen. Das ist eine der großartigen Dinge an Musik, man kann seine eigene Wut und den Kummer in etwas verwandeln, das jemand anderen vielleicht aufbaut.”

Laut Jones hat sich aber auch Burton voll bei den Texten engagiert. “Er hörte mir zu und konnte es nachvollziehen, um dann erstaunlicherweise einen Weg zu finden, es auszudrücken. Ich wusste bis dahin gar nicht, was für ein toller Schreiber er ist. Seine Melodien, seine Art mit Worten umzugehen. Er besitzt eine regelrechte Gabe darin.”

“Norah und ich sind richtig enge Freunde geworden” erklärt Burton dazu. “Wenn man jemanden sehr gut kennt und dann zusammen schreibt, kann man sich beinah über die Texte miteinander unterhalten.” Durch Burtons Input kam noch eine weitere Perspektive zu den Mysterien der Beziehung von Mann und Frau hinzu, mit der sich viele der Stücke beschäftigen. “Man könnte sagen, dass manchmal auch die andere Seite gesehen wird. Unsere stundenlangen Unterhaltungen über sehr persönliche Dinge spiegeln sich darin wider. Aber das Album generell ist definitiv aus Norahs Standpunkt verfasst.”

“Miriam” – in dem Song zum Beispiel singt Jones auf bezaubernde Art mit sacht-säuselnder Stimme, transportiert aber eine kaum versteckte Drohung – ist vielleicht der markanteste Moment auf Little Broken Hearts, ein abschreckendes Fanal in einer Kollektion sonst graziler, sorgfältig umwobener Emotionen aus den verschiedenen Phasen des Verletzt seins. Und obwohl sich deswegen ein roter Faden durch das Album zieht, ist es alles andere als freudlos. Es gibt Stücke mit nachklingender Bitternis, die mit aufwühlenden, beinahe überschwänglichen Melodien daherkommen. Zwischenzeitlich führt dieser lässig-trübe Ansatz gelegentlich zu mehr philosophischen, meditativen Texten, wie im Titelsong, die Geschichte einer Armee kleiner gebrochener Herzen, bewaffnet mit Messern, um die schönen, schlafenden unbewaffneten Lieben der Vergangenheit anzugreifen: “When the beautiful awake, and see the sadness in their eyes. Will they want to find a way to make it alright?”

Und da gibt es noch “Happy Pills”, eine beschwingte Ansammlung von lebenslustigen Hooks, über die Jones und Burton zunächst erschrocken waren, als sie sie schrieben. “Der Song entstand in der dritten Woche”, erinnert sich Jones an die Sessions, die insgesamt sechs Wochen dauerten. “Wir dachten zuerst beide, wie toll das Ganze sei. Aber dann hörten wir uns das Stück noch einmal übers Wochenende an. Dann begannen wir nachzudenken. Wir wussten nicht, ob es auf die Platte passen würde. Aber ich bekam die Melodie nicht mehr aus dem Kopf, genauso erging es Brian. Schließlich entschieden wir dafür, der Song musste auf die CD, er macht einfach zu viel Spaß.”

Jones ist sehr zufrieden, über die Art, wie sehr die Songs nach der Überarbeitung zueinander passen, wie sehr die Reihenfolge nun ein einheitliches Statement ergibt – sogar “Happy Pills” mit seiner Textzeile “tryin' to make it so I never see your face again” passt sich dem Oberthema an. “Ich habe nicht erwartet, dass die Texte so gut zueinander passen, besonders weil wir sie so spontan geschrieben haben. Aber am Ende wurde es beinahe eine richtige Geschichte. Sie besitzt verschiedene Dimensionen, die Dinge schleichen sich an den Hörer heran. Und auch wenn diese Platte diese ganzen coolen Sounds und interessanten Grooves hat, für die Brian bekannt ist, bin ich doch am meisten stolz darauf, sie mit ihm zusammen geschrieben zu haben. Auf die Songs an sich.”

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