Was wäre ein Sommer ohne einen neuen Titel des Italo-Schlager-Kollektivs Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys? Genau – ein ziemlich verlorener! Denn wer anderes kann in dieser Jahreszeit so wundervoll und weiterhin noch unverbraucht von der großen Liebe singen? Natürlich – der Schlagerpapst mit seinen fünf Kardinälen der großen Gefühle. Aber nicht nur weil die Saison ruft und es ja einer machen muss, liefert die beliebteste Schlagergruppe der Stunde neue Musik, sondern weil sie selbst derart Lust auf eine solche Kapriole hat. So erscheint nun mit Amore Mio kein Pflichtprogramm auf dem musikalischen Parkett, sondern eine reine Übung zur Kür. Ein Luststück, ein leichtes Spiel, ein Spaziergang am Strand. So kommt er auch daher, unglaublich beherzt und frei aufgespielt – Amore Mio vertont diesen Sommer so, dass er erneut der schönste werden kann.
Der Song beginnt plötzlich und ganz nah und versetzt uns in eine Situation, in der jede:r sich erkennt. Man steht im Urlaub am Strand und blickt in tiefer Zufriedenheit in die bekannte Ferne aufs Meer, um sich zu zerstreuen. Es ist ein wenig Dolce Vita auf Zeit. Alles ist wie immer, nur dieses Mal merkt man, dass all die vergangenen Jahre doch eine nicht unwesentliche Sache fehlte. Denn jetzt steht das lyrische Ich nicht mehr alleine da, sondern mit einer großen Liebe, die nach Jahren der Suche einen wirklich ankommen, wirklich etwas fühlen lässt. Es klingt fast ein wenig seicht und vor allem: zu schön, um wahr zu sein. Aber hat man es im Leben nicht auch manchmal verdient, in aller Einfachheit, die guten Dinge anzunehmen? Deshalb ist der Titel bei all dem Pop und dem Pathos (inkl. einer kleinen textlichen Interpolation von Klaus Lages „1000 und eine Nacht“) keine Plattitüde und kein Klischee. Sondern ein offener, beherzter Griff ins Glück, das jeder Mensch verdient.
Dazu ist Amore Mio musikalisch eben ein neuer Meisterstreich, der gekonnt den Italo-Schlager mit neuen Musikstilen vermählt. Zerrige Telecaster-Gitarren und flirrende Arpeggi vom Piano, treffen eine groovende Kombi aus Schlagzeug und Bass wie bei den Indiepop-Granden von Metronomy aus 2012. Dazu clevere Trompetensätze, die als Signum des Italo-Schlagers zu verstehen sind und der zweistimmige Gesang, mit dem sich Roy Bianco und Die Abbrunzati Boys ihre Meriten verdienen. So funktioniert ein Sommerhit – und nicht anders!
Im Video verschlägt es die Band erneut nach Italien. Hier an die langen Strände der Toskana, deren wohlbekannte Postkartenoptik, die erzählte Geschichte bebildern soll. Nur sieht man statt Abertausenden von Touristen, nun das Sextett höchstpersönlich vor dem Mittelmeer, eine Show im Morgengrauen spielen. Szenen von kleinen und ernstgemeinten Berührungen wechseln sich mit diesen intensiven Momenten der Spielfreude und der Possenhaftigkeit der Band ab und beschwören so die Größe aber auch die Leichtigkeit von Amore Mio. So wie es eben sein kann, wenn man eine neue Liebe gefunden hat. Alles zusammen genommen, ergibt sich bei diesem Sommersong nur ein Fazit: ein kurzweiliger Hit mit der nötigen Raffinesse und einer ehrlichen Freude am menschlichen Hochgefühl. Lang leben Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys!