U2 | Musik | Under A Blood Red Sky

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Under A Blood Red Sky
VÖ: 26. September 2008
U2

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Produktinformation

Es war einmal eine Zeit, in der U2 im Allgemeinen und Bono im Speziellen noch nicht den Status einer der größten Popbands aller Zeiten hatten. Es war einmal eine Zeit, in der Bono noch keine hässlichen Bandanas trug, sondern sich mit zeitgemäßen aber ebenfalls nicht ganz schicken Frisuren begnügte. Es war einmal eine Zeit, in der U2 noch nicht die “Elder Statesmen” des Stadionrocks waren.

Wer das aus der heutigen Perspektive nicht nachvollziehen kann, der sollte sich noch einmal ihre Live-EP “Under A Blood Red Sky” anhören – und vor allem den Konzertfilm dazu anschauen, der im aktuellen Re-Release zum ersten Mal als DVD erhältlich ist. Der Film ließe sich gar dem übelsten U2-Hasser vorlegen, einem dieser Nörgler, der sich noch heute im Angesicht ihres Welterfolges fraget: “Wie zum Henker konnte das geschehen?” Man müsste nur die DVD anstellen, und lehrerhaft konstatieren: “Hier findest du die Antwort. Es ist alles da.”

“Under A Blood Red Sky” ist längst geadelt als einer der “50 Greatest Rock’n'Roll Moments” – von dem Magazin, das sich in der Regel Adelungen dieser Art annimmt: dem Rolling Stone. Was den Film so besonders macht, ist die sichtbare Erkenntnis, dass sich große Momente dieser Art einfach nicht planen lassen. Dabei hatten die Herren Bono, The Edge, Clayton und Mullen schon recht deutlich auf einen epischen Moment gezielt. Der gefilmte Auftritt am 05. Juni 1983 sowie die gesamte US-Tour zum dritten Album “War” wurde schon im Vorfeld hochstilisiert zu dem Versuch, den US-Markt zu knacken – was an sich schon ein Statement war, immerhin mussten sich die Iren in ihrer Heimat und in England im 80ies-Synthie-Wahn fast dafür entschuldigen, eine Gitarrenband mit Sinn für Theatralik zu sein. Im Angesicht der kühlen Ironie des Post-Punk-Zeitalters wirkten sie dort fast ein wenig aus der Mode.|Auch die Wahl der Location, das Red Rock Amphitheater in der Nähe von Denver Colorado, unterstrich den Sinn für Dramatik. Gelegen in den Vorausläufern der Rocky Mountains, stand die Bühne inmitten eines natürlichen entstandenen Steinhalbkreises, der sich fast bedrohlich mit seinen roten Steinwänden um sie schloss. Man hatte wohl schon das Bild vor Augen, wie diese Wände leuchten, wenn die Abendsonne an einem typischen Denver-Sommertag rötlich im Gebirge versinkt.

Es sollte anders kommen. Statt Sonne, gab es nachmittäglichen Dauerregen. Statt strahlend blauem Himmel düstere Wolken und starke Nebelbildung. Trotzdem hört man im Intro einen jungen Bono, der trotzig an seiner Meinung festhält:  “Ich glaube wirklich daran, dass wir heute da rausgehen und Geschichte schreiben.” Für den Fall, dass man doch canceln musste, hatte man aber schon eine Indoor-Nachholshow in Boulder am nächsten Tag angekündigt. Auch der Blick auf Red Rock wenige Stunden vor der Show war eher ernüchternd. 4.400 Fans waren da, gut das Doppelte hätte hinein gepasst, die Leute waren nass wie die Pudel. Einmal sieht man eine Regenjacke mit der Aufschrift “I was rained on at the Rocks”.  Das trifft die Sache. Aber, wie der extra aus England eingeflogene Regisseur Gavin Taylor richtig bemerkte: “Die Leute mussten vorher einen langen Weg zu Fuß zurücklegen, um die Red Rocks zu erreichen. Man konnte sich also sicher sein: Das waren echte Fans, und sie würden das Beste daraus machen.”

Das wussten auch U2. Und gaben alles. Herz. Seele. Schweiß. Zugaben. Vom ersten Moment warf sich ein – zugegeben bescheiden frisierter – aber innerlich brennender Bono in die Menge. The Edge spielte seine Gitarre, als wüsste er schon damals, dass man auch in 25 Jahren noch von “U2-Gitarrren” sprechen wird, Adam Clayton strahlte, als könne er die Stimmung da vor ihm gar nicht glauben, und der Blondkopf Larry Mullen Jr. konterkarierte seinen harten Drum-Anschlag mit einem samtweichen Dauerlächeln. Das sind Bilder, in denen man den Babyfaces dieser späteren Legenden ansieht, dass sie vielleicht gerade in dem Moment merken, dass sie mal ganz groß werden – wenn sie diese schwierige Show nur heile nach Hause bringen.|Und all das in einem Setting, das dramatischer nicht sein könnte. Der auf eigene Verantwortung gestartete Helikopter filmte eine nebelverhangende Marslandschaft, auf den Steilwänden brannten drei große Feuer, und das fehlende Sonnenlicht “ersetzte” man mit riesigen Scheinwerfern, was eigentlich ein No-Go für eine Konzert-Filmproduktion ist, und heiß diskutiert wurde zwischen den britischen und amerikanischen Kameramännern. Aber Produzent Taylor setzte sich durch – und nahm sogar in Kauf, dass die Bilder der Röhrenkameras Nachzieh- und Einbrenneffekte vorweisen. Was man aber für Schattenbilder eines Bonos vor riesigen Feuerbällen gerne in Kauf nimmt. Außerdem verstärkt es das Bewusstsein, historisches Material vor sich zu haben.

In der zum 25. Jubiläum des Filmes erschienenen Version hat man unter The Edges Ägide noch einmal das Beste aus den Masterbänden herausgeholt, was den Live-Sound der frühen U2 mit den entsprechenden Boxen fast authentisch in die Wohnzimmer bringt. Außerdem wurde die Tracklist um die Songs “Out Of Control”, “Twilight”, “An Cat Dubh”, “Into The Heart” und “Two Hearts Beat As One” erweitert. Damit ist das Konzert fast komplett festgehalten worden – nur “I Fall Down” fehlt, was aber einem Kameraausfall während der Aufnahmen geschuldet ist. Die der Edition beigefügte Live-EP wiederum ist ebenfalls remastered worden und bleibt wohl eine der charmantesten Mogelpackungen der Musikgeschichte: Denn nur “Gloria” und die selten live gespielte B-Seite “Party Girl” entstammen wirklich dem Red Rock Gig. Das meiste Material wurde im selben Jahr in St. Goarshausen vom WDR Rockpalast aufgezeichnet.

Natürlich kann man zu dieser Edition sagen, was man über jeden edlen Re-Release sagen kann: “Ein Muss für Fans!” Das liest man auch schon wieder in zig Rezensionen. Aber diese Edition von “Under A Blood Red Sky” leistet noch viel mehr: Sie schafft es, sogar einen U2-Skeptiker für diese Band zu begeistern. Mal schauen, wie lange das anhält. Vielleicht ja sogar bis zu einem neuen Release von ihnen.
Veröffentlichung
26.9.2008
Format
CD
Label
Island Records
Bestellnummer
00602517642867
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