“Ach! Das wunderbare Geschöpf!” Im Pop würde man die opulente CD/DVD-Box mit üppigem Buch, die Cecilia Bartoli unlängst veröffentlicht hat, als Tribute-Album bezeichnen. Mit absoluter Hingabe lässt die römische Mezzosopranistin nämlich Leben und Werk von Maria Malibran auferstehen. Maria Malibran gilt als bedeutendste Belcanto-Sängerin der Romantik. Zu Lebzeiten war sie ein Superstar, danach Legende. Jahrelang hatte Cecilia Bartoli das Leben der Malibran recherchiert, Tonnen von Malibran-Memorabilien gesammelt, war den Lebensstationen (London, New York, Paris, Brüssel, Neapel, Mailand) der Malibran nachgereist, bevor es an dieses Album ging. Dabei gelang es Bartoli, die Seelenlage ihrer Heldin zu erforschen. Sehr schön dokumentiert diesen Prozess ein “Making Of”-Kapitel auf der beigefügten DVD, es zeigt: Bartolis Hommage geht über das reine Nach-Interpretieren der Werke, mit denen die Malibran damals triumphierte hinaus. Legt man die Berichte berühmter Zeitzeugen (Chopin, Rossini, Bellini) über Maria Malibran übereinander, so ergibt sich das ergreifende Bild einer Frau mit andalusischem Blut, die betörte und schockierte; eine Kosmopolitin, die den Muff unter den Talaren der damaligen Opernkastraten wegblies, sich zum Sinnbild der Romantik erhob, schon bevor sie mit Ende Zwanzig an den Folgen eines Reitunfalls starb. 50.000 Menschen kamen 1836 zu ihrer Beerdigung. Im Schwunge der Aufarbeitung ihres Lebenswerks förderte Cecilia Bartoli einige vergessene musikalische Perlen zutage: Eine kleine Sensation ist die Arie “Infelice” von Felix Mendelssohn (der angeblich unglücklich in Malibran verliebt gewesen sein soll) wie auch die Arien von Malibrans Vater Manuel Garcia oder des italienischen Komponisten Lauro Rossi. | Aus eigener Feder Malibrans stammt das Lied “Rataplan” (das die Bartoli in der ersten Aufnahme dieses Stücks überhaupt zu einem lustvollen “Rrrrrataplan” vergurrt). Vollständig wäre die Sammlung natürlich nicht ohne die “Hits”. Allen voran: Die Bellini-Arie “Casta Diva” aus “Norma”. Cecilia Bartoli spielte sie mit dem Orchestra La Scintilla unter der Leitung von Adam Fischer und mit verschiedenen Gästen (Geiger Maxim Vengerov, Tenor Celso Albelo, Bass-Bariton Luca Pisaroni) ein. Gediegen verpackt sind CD und DVD in einem großformatigen Buch, das auf über 200 Seiten vor Malibran-Devotionalien, Briefen, Zeitungsausschnitten überquillt und natürlich auch mit wunderbaren Fotos ihrer Erbin Bartoli versehen zur schwelgerischen romantischen Zeitreise verführt.