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KlassikAkzente Jahresrückblick: die besten Klassik Alben 2017

Jahresrückblick DG
15.12.2017
Es ist wieder einmal soweit: wenn die ersten Schneewehen den Verkehr auf Schiene, Straße und in der Luft durcheinanderbringen, kann Weihnachten nicht mehr allzu weit entfernt sein. Und schließlich merkt man es auch immer wieder an grässlich gestressten und darob latent unfreundlichen Mitmenschen, die auf der Jagd nach Geschenken für ihre mehr oder weniger Lieben sind und meistens nicht wissen, was sie schenken sollen. Und das lässt sie dann immer noch gestresster und unfreundlicher werden. Also die berühmte Schlange, die sich in den Schwanz beißt. Dabei könnte doch alles so einfach sein. Eine kurze Analyse der bzw. des zu Beschenkenden, ein Gang in das nächste Musikgeschäft und schon hat man ein Geschenk, das nicht nur gut klingt, sondern auch den Verstand beschäftigt und, im besten Falle, auch noch gut aussieht. Ein Klassik-Album, sozusagen ein “klassisches Geschenk”, welches – meistens jedenfalls – sogar ohne Verfallsdatum angeboten wird.

Das “Trifonov-Fieber”

Und es soll keiner behaupten, dass es im zurückliegenden Jahr nichts gegeben hätte, was des Schenkens würdig wäre! Die Spatzen pfeifen seinen Namen mittlerweile von allen Dächern und wo immer auch dieser eigenwillige, irgendwie scheue Russe auftaucht, grassiert das Trifonov-Fieber. Denn was dieser Daniil Trifonov am Klavier zu bieten imstande ist, übersteigt momentan selbst kühnste Erwartungen – ob nun im Konzertsaal oder auf Tonträger. Und so nimmt es nicht wunder, dass seine “Chopin Evocations” nicht nur auf breiteste Zustimmung, sondern auch so renommierte “Konkurrenz” wie Jonas Kaufmann, Albrecht Mayer oder Anne-Sophie Mutter vom Klassik Charts-Thron stoßen!

Neue Alben von Albrecht Mayer, Anne-Sophie Mutter und Daniel Hope

Apropos Mutter & Mayer: die eine wie der andere haben auch anno 2017 wieder an ihrem eigenen diskographischen Denkmal gearbeitet und mit Schuberts “Forellenquintett” bzw. italienischen Barock-Schätzen für Oboe alias “Tesori d’Italia” klingende Kleinodien vorgelegt, welche das geneigte Ohr – “nicht nur zur Weihnachtszeit”, um Heinrich Böll zu zitieren – erfreuen. Frau Mutter hat sich dabei sogar der Unterstützung des bereits erwähnten Daniil T. versichert, der damit bewies, dass auch die deutsche Romantik ihm ganz und gar in den flinken Fingern zu Gebote steht.
Daniel II. wiederum, seines Zeichens der Hope, setzte da ganz auf den musikalischen Lauf dieses wie jedes Jahres und veröffentlichte seine Paraphase auf Vivaldis “Quattro stagioni” unter dem Titel “For Seasons” mit Anleihen zwischen Johann Sebastian Bach und Chilly Gonzales – ein Album, so abwechslungsreich wie die Jahreszeiten selbst.

Im Duett – Cecilia Bartoli & Sol Gabetta, Rolando Villazón & Ildar Abdrazakov

Zwei monstres sacreés der singenden Zunft wiederum verlangte es im zurückliegenden Jahr nach diskographischer Gesellschaft im Gegensatz zum üblichen Sologesang: da tat sich La Bartoli mit der argentinischen Cellistin Sol Gabetta zu einem launigen Dialog zwischen Mezzosopran und Cello unter dem – mit einem ironischen Augenzwinkern zu verstehenden! – Titel “Dolce Duello” zusammen und gemeinsam präsentieren sie barocke Trouvailles für beider Instrumente – natürlich mit zahlreichen bislang ungehörten Stücken.
Rolando Villazón wiederum nahm sich den derzeit schwärzesten der schwarzen Bässe zur Brust und beide zusammen suchten und fanden auf ihrem Album “Duets” das Schönste, was die Komponisten aller Jahrhunderte für Tenor und Bass geschrieben haben.

Deutsche Grammophon – Heimat der “Piano Masters”

Dass das Gelblabel mit einigem Recht behaupten darf, die Heimstatt der großen Pianisten zu sein, hat es zuletzt wieder eindrucksvoll bewiesen. Nicht weniger als drei gestandene Meister und ein “Novize” veröffentlichten im Jahre 2017 Alben, die zum Besten gehören, was das Jahr an Musik für die schwarz-weißen Tasten zu bieten hatte. Lassen wir dem “Novizen” hier den Vortritt, denn der junge Südkoreaner Seon-Jin Cho hat die Welt zwar mit seinem Sieg beim letzten Internationalen Chopin-Wettbewerb aufhorchen lassen. Aber er “kann nicht nur Chopin”, wie sein jüngstes Album “Debussy” beweist, welches er dem französischen Komponisten-Genie zu dessen 100. Todestag im März 2018 gewidmet hat – ein mehr als würdiger Auftakt zu den Debussy-Feierlichkeiten rund um den Globus.
Krystian Zimerman wiederum nimmt einen zweiten Anlauf, um seine ganz persönlichen Sicht auf zwei späte “Schubert-Sonaten” so auf Tonträger zu bannen, dass nicht nur der Künstler selbst, sondern auch seine Rezipienten vollauf beglückt mit dem Resultat sind und Franz Schubert dem polnischen Grandseigneur des Klaviers ganz gewiss auch seinen Segen gegeben hätte.
Bleibt noch Maurizio Pollini im Triumvirat der Größten: sein Album mit “Late Works” des polnischen Nationalkomponisten hat es auf die Bühne der bereits sagenumwobenen Elbphilharmonie geschafft, als Pollini bei der diesjährigen ECHO Klassik-Gala eine Kostprobe davon zum Besten gab – natürlich eine Nocturne.

Das Vermächtnis einer Legende: Herbert von Karajan

Aus dem Land der Compilations und wiederentdeckten Schätze der Geschichte der Deutschen Grammophon meldete sich Herbert von Karajan posthum zu Wort, als man ihm zu Ehren die umfangreichste Box aller Zeiten mit über 300 CDs und den “Complete Recordings on Deutsche Grammophon & Decca” zu Füßen legte. Ein einzigartiges Dokument eines unvergleichlichen Dirigenten, der die Interpretationsgeschichte ebenso wie die Geschichte der Tonaufzeichnung im 20. Jahrhundert beeinflusst hat wie niemand außer ihm. Oder haben Sie schon vergessen, dass er es war, der den Siegeszug der Compact Disc anno 1982 initiierte?!

Der reiche Katalog von Deutsche Grammophon & Decca

Daneben haben es andere, nicht weniger bedeutende Musikpersönlichkeiten nicht leicht zu bestehen: Leonard Bernstein etwa, der im kommenden Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte und vorab schon mal mit einer ganz persönlichen Einspielung von “Beethovens 9 Sinfonien” zu Buche schlägt. Oder der unvergessene weil unvergessliche Karl Richter mit seinen maßstäblichen Bach-Einspielungen. Oder das legendäre Amadeus Quartett mit einer Gesamtausgabe seiner umfangreichen Diskographie. Oder die unvergleichliche Gundula Janowitz, die zu ihrem 80. Geburtstag mit einer Edition gewürdigt wurde, die all das zusammenfast, was den Reiz und die Besonderheit dieser Jahrhundertstimme ausmachten. Oder aber ihr über alles geschätzter und geliebter Tenorkollege Luciano Pavarotti, dessen 10. Todestag – man mag es kaum glauben! – uns Anlass und Ehre gleichermaßen waren, ihm eine “Complete Opera Edition” zu widmen.

Neo-Klassik at it’s best: Von Max Richter bis Joep Beving

Nun soll es ja auch Menschen geben, die mit dem herkömmlichen Klassikbegriff wenig und der dazugehörigen Musik noch viel weniger anfangen können. Unglaublich aber wahr! Um diesen Menschen nun aber nicht ihr Recht auf ein persönliches Weihnachtsgeschenk streitig zu machen, hat die Deutsche Grammophon schon frühzeitig im letzten Jahr damit begonnen, ihren Gabentisch vorausschauend zu decken. Alles, was Rang und Namen in der Szene der “Neo-Klassik” hat, ist vertreten und hat mit seinen Veröffentlichungen für Aufsehen und Begeisterung gesorgt.  Allen voran Max Richter mit seiner Ballettmusik “Three Worlds: music from Woolf Works”, die ihre Wiederaufnahme in einer Serie gefeierter Aufführungen im Januar am Royal Opera House in London feierte.
Dass der Isländer an sich ein musikbegeisterter Mensch ist, haben schon viele seines Schlages bewiesen – zuletzt Olafúr Arnalds. Hier aber meldet sich ein ganz neues Talent zu Wort bzw. zu Ton, Vikingur Olafsson, der auf Deutsche Grammophon mit seinem Philip Glass-Album für Furore, ungläubiges Staunen und volle Konzertsäle sorgte.
Überhaupt ist auf dem Klavier scheint’s ganz Europa vertreten: nach Island richten wir den Blick etwas mehr nach rechts und blicken auf Stockholm, wo ein Buchstabe der legendären Abbas wohnt und sich einen langgehegten Wunsch erfüllte: auf einem “Piano” ganz nach Herzenslust Benny Andersson-Musik zu spielen – klingt wie ABBA, ist aber nicht Abba, sondern waschechter Benny Andersson!
Und wieder etwas weiter südwestlich, zwischen den Amsterdamer Grachten, ist die Heimat von Joep Beving – einem Bären von Mann, der so zart Klavier spielen kann, wie man es angesichts dieses über 2 Meter-Hünen kaum für möglich hält. Mit “Prehension” und dem Re-Print von  “Solipsism” war der Holländer gleich zweimal vertreten in den zurückliegenden Monaten und beide Male überaus erfolgreich.

Vielfältige Stimmen: Anna Netrebko & Yusif Eyvazov und das neue Album von Max Raabe

Last but not least zwei Veröffentlichungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Anna Netrebko wagte an der Seite ihres singenden Gatten den ersten Ausflug ins Crossover-Fach und legte mit “Romanza” ein Album vor, das Millionen zu Herzen rührte – vor den Lautsprechern ebenso wie auf den Konzertbühnen der Welt, wie etwa Ende August in der Berliner Waldbühne!
Max Raabe wiederum verwöhnte sein treues Publikum mit einem langerwarteten Album unter dem Titel “der PERFEKTE MOMENT… wird heut verpennt”. Und damit Sie diesen Moment nicht verpennen, ist Max Raabe im Dezember im deutschen TV zu sehen wie kaum ein anderer Sänger und glauben Sie mir, d e n  Moment können sie gar nicht verpennen…
Ich bin sicher, Ihnen nun aus all Ihren Verlegenheiten geholfen zu haben und Ihnen jede Ausrede für gestresstes Weihnachtsgeschenke-Einkaufen unter grummelnder Maske genommen zu haben. My pleasure, würde der Engländer sagen. Ich dagegen freue mich und denke – wieder ein Mensch mehr, der Weihnachten jetzt einfach nur noch genießen kann! In diesem Sinne: FROHE WEIHNACHT!

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