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Russische DNA – “The Tschaikowsky Project – Vol. 2” unter Leitung von Semyon Bychkov

Semyon Bychkov
© Decca
23.08.2017
Tschaikowskys sechste Sinfonie und seine Fantasie-Ouvertüre “Romeo und Julia” hat Semyon Bychkov im Rahmen seines ambitionierten “Tschaikowsky Projects” bereits 2016 für Decca eingespielt und wurde dafür völlig zurecht gefeiert. Nun erscheint mit Vol. 2 ein weiteres starkes Album, das anhand einer Einspielung der Manfred-Sinfonie op. 58 die intensive Auseinandersetzung Bychkovs mit der faszinierenden Klangsprache von Peter Tschaikowsky weiterverfolgt. Mit der leidenschaftlichen Untersuchung von Tschaikowskys opulentem einstündigen Werk setzt Semyon Bychkov die Reise zu seinen eigenen Wurzeln fort. “Ich liebe Tschaikowskys Musik, seit ich mich erinnern kann”, sagt er. Semyon Bychkov hat Tschaikowsky im Blut, das spürt man deutlich. Die Musik scheint ihm aus der Seele zu sprechen und ist quasi in seiner DNA verankert.

Russischer Romantiker mit klarem Kopf

Semyon Bychkov zeigt sich in der Interpretation von Tschaikowsky Manfred-Sinfonie zugleich als Kopf- und Bauchmensch und erweckt am Pult des üppig besetzten Czech Philharmonic Orchestra mit großem gestalterischen Einfallsreichtum die vier hochemotional aufgeladenen musikalischen Bilder zum Leben, die Tschaikowsky 1886 nach der dramatischen Dichtung “Manfred” von Lord Byron komponiert hat. Dabei verliert Semyon Bychkov sich nie in den großen Bögen der Partitur. Der schwelgerische Pathos, der Tschaikowskys Musik innewohnt, behält unter seinem präzisen Dirigat immer den konzentrierten Kern, der die komplexen Klangmalereien im Inneren zusammenhält. Der reizvolle Kontrast von Form und Gefühl ist in jedem Ton der Manfred-Sinfonie spürbar. Die Musiker folgen Semyon Bychkov in dem anspruchsvollen Werk bei jeder Wendung mit intensiver Spielfreude.

Berührende Dramatik

Die Bildhaftigkeit der Musik ist eindrucksvoll. Tschaikowsky selbst überkam bei der Auseinandersetzung mit der tragischen Manfred-Dichtung tiefe Traurigkeit und zugleich ein unbändiger, ruheloser Schaffensdrang. Semyon Bychkov transportiert den kreativen Erfindergeist des Komponisten mit einer brillant ausgestalteten Interpretation voll dynamischer Raffinesse und feiner Agogik. Im ersten Satz kann man den unglücklichen Manfred förmlich durch den Wald jagen hören. Der zweite Satz beginnt mit unruhig flirrenden Geigen und Holzbläsern, die von der Begegnung mit einer Alpenfee und von in der Sonne funkelnden Strahlen eines Wasserfalls erzählen, bevor sich im Andante con moto des dritten Satzes mit einer Pastorale das beschauliche Leben der Bergbauern eröffnet. Der vierte Satz ist der längste. Mit sattem Klang gestalten die Musiker des Czech Philharmonic Orchestra unter Semyon Bychkovs inspirierender Leitung den letzten Teil der Dichtung, in dem Manfred schließlich von seinen irdischen Qualen befreit wird und stirbt.
Semyon Bychkov ist gemeinsam mit dem Czech Philharmonic Orchestra eine Aufnahme von großer emotionaler Wucht gelungen, deren dichte, dramatische Ausdruckskraft beim Hören überwältigt und zugleich zutiefst berührt.
 

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