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Gentleman – New Day Dawn

Gentleman 2017
17.02.2010
Sprechen wir über Persönlichkeit. Sprechen wir über Brüche. Über  Liebe und Verantwortung.
Über Zweifel, Dankbarkeit und Spirit. Über Veränderung und Neuanfang. Sprechen wir über Gentleman und sein neues Album “New Day Dawn”, das am 19. April 2013 erscheint.
Es ist das sechste Studioalbum des mittlerweile 38-jährigen Kölners, der vor 20 Jahren erstmals einen Fuß auf jamaikanischen Boden gesetzt hat, seit einigen Jahren den Reggae in all seinen Facetten live quasi rund um den halben Globus schickt und der mittlerweile ein internationaler Reggae-Headliner ist. Dem nicht nur die Intensität seiner musikalischen Vibes in den letzten 20 Jahren einen stetig wachsenden Respekt und die Liebe eines weltweiten Publikums beschert hat, sondern ebenso die Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit seiner Person. Ohne Maske und Attitüde teilt und lebt er seine Geschichte und seine Geschichten in seinen Songs. Mit uns.
Der uns jetzt auf einer Standard- und einer Deluxe-Version des Albums mitnimmt zu einem “New Day Dawn”. Das neue Album markiert einen eindrucksvollen nächsten Schritt in der Karriere des Künstlers. Es ist das “meiste” Gentleman-Album, das es bislang gab. Zum einen ist es das erste Album von Gentleman, auf dem er alle Songs komplett ohne Kollaborationen und featuring Artists präsentiert.
Zum anderen ist es das erste Album, dessen Songideen er vielfach in Eigenregie entwickelt und geschrieben hat. 
“Ich mochte einfach den Gedanken, mal ein reines Gentleman-Album zu machen. Das war kein Plan, sondern hat sich irgendwie von selbst ergeben. Ich hatte das Gefühl, ”New Day Dawn" kommt ohne Features aus, obwohl ich gerne mit anderen Artists arbeite", so Gentleman.
Während beim letzten Album “Diversity” Ideen- Sound- und Gesangsfiles noch rund um den Erdball sausten und durch viele verschiedene Hände gegangen sind, ist “New Day Dawn” viel mehr verortet.  Geschuldet auch einer neuen Liebe und Errungenschaft. Einem Flügel. “Ich habe mir vor zwei Jahren einen wundervoll  warm klingenden Flügel ins Wohnzimmer gestellt, obwohl ich gar nicht Klavier spielen konnte.  Mittlerweile kann ich Melodien, die ich im Kopf habe, auf dem Klavier umsetzen, Akkorde spielen und kombinieren, die mir wiederum Inspirationen für neue Songs geben.
Ich finde Tonhöhen, in denen ich mich wohl fühle. Ich fing an, Texte zu schreiben, die auf meine musikalischen Ideen passen. Texte, in denen ich viele der Erfahrungen der letzten Jahre verarbeitete. Außerdem habe ich mein kleines Home Studio in Köln in ein professionelles Recording Studio verwandelt.
Verschiedene Overdubs und Backings (Sherieta Lewis aus Kingston sowie Gentleman´s Frau Tamika und Bandneuzugang Treesha Moore aus Köln) nahm Gentleman dann auf Jamaica auf. Dort wurden verschiedene Texte und auch die Musik zusammen mit Daddy Rings, Jack Radics und Danny Brownie intensiviert und verfeinert. Die meisten Vocals wurden bei Danny Brownie in Kingston eingesungen, andere in den Maarweg Studios in Köln und in seinem eigenen Studio. 
”Obwohl die meiste Musik in Deutschland aufgenommen wurde, ist Kingston für mich immer noch der Ort, an dem ich das beste direkte Feedback beim Voicen habe. Das ist der Grund, warum ich dort so viel Gesang aufgenommen habe."
Gute Freunde und langjährige Weggenossen kamen im Entstehungs- und  Produktionsprozess dazu.  Dieser nahm seinen Anfang oft mit Ideen von Gentleman, die er an seinem Flügel maßgeschneidert in seiner Tonlage umsetzte, um sie dann mit den Mitstreitern musikalisch fertig zu produzieren, die ihn auch im Alltag seit Jahren begleiten.
Zu nennen wäre hier der Kölner Ben Bazzazian, der schon beim letzten Album mit “It No Pretty” musikalisch geglänzt hat und nun zusammen mit Gentleman dessen Home Recording Studio betreibt. So war es ein natürlicher Prozess, diese enge Zusammenarbeit für das aktuelle Album noch weiter zu intensivieren. Mit dem Ergebnis, dass in etwa die Hälfte des Albums in dieser Kombination entstand.
Die andere Hälfte kam aus seinem “Evolution” Bandumfeld wo federführend der Drummer Giuseppe “Big Finga” Coppola agierte und von Frank “Pollensi” Pollak (Keyboarder) ergänzt wurde.
In Kingston entstanden zusammen mit Danny Brownie (Mainstreet/Jamaica) ebenfalls noch zwei Stücke, genauso wie mit Alborosie alias Alberto D’Ascola.
Gemischt wurde “New Day Dawn” von der jamaikanischen Mixing-Legende Errol Brown (Bob Marley, Gregory Isaacs uvam.) und Moritz Enders in Berlin. Den finalen Schliff bekam das Album ebenfalls in Berlin von Sascha “Busy” Bühren in seinem Masteringstudio “True Busyness”.
“Für mich ist Musik auch immer Therapie”
So tragen die Songs auf “New Day Dawn” erneut eine ganz eigene Handschrift. Halten musikalisch perfekt die Balance zwischen Roots-Reggae, Dancehall, Pop und HipHop.  Thematisch ist es ohne Zweifel ebenfalls das persönlichste Gentleman Album, das es bislang  gab. “Ich glaube ‘New Day Dawn’, was auch für Neuanfang steht, ist eine neue Episode. Für mich persönlich, aber auch im Zeitgeist. Ich bin dem Ziel, mich anhand von Musik wirklich auszudrücken, einen ganzen Schritt näher gekommen.”
Eine Aufbruchsstimmung, die symbolisch nicht treffender hätte eingefangen werden können als im Intro zum Song  “Another Drama”. Aufgenommen im April 2012 auf dem Tahrir Platz in Kairo.
“Wir haben ein Konzert in Kairo gespielt und fuhren im Band-Bus, ich hatte geschlafen.
Meine Frau Tamika hat mich geweckt. Und man konnte sofort diese besondere Energie spüren. 
Es war nach der Revolution aber noch vor der Wahl. Aufbruch hing in der Luft. Aber auch diese Ungewissheit. Was passiert mit dieser neuen Freiheit? Ist sie stark genug, sich gegen religiösen Fanatismus zu behaupten? Wie soll man Demokratie gestalten?
Ich war Zeitzeuge. Der Song wurde Zeitzeuge. Und heute ist wieder klar, dass die meisten Dinge viel komplexer sind, als wir sie in vielen Momenten wahrnehmen. Dass Entwicklung viel mehr Zeit braucht, als wir meistens denken. Ich glaube nach wie vor an das Gute im Menschen. An Moral und so etwas wie Gleichgewicht. Auch wenn wir zwischendurch immer wieder aus der Bahn geworfen werden.”
Auch in den anderen Songs des Albums nimmt uns Gentleman mit auf die “Road of Life”
Es ist seine große Stärke, keine Angst davor zu haben, sich zu öffnen. Gedanken und Gefühle zu teilen. Zweifel und Ängste ebenso wie Glück und Hoffnung. Stärke und vor allem auch Schwäche. 
“Für mich ist Musik auch immer Therapie. In den letzten Jahren kam vieles auf einmal. Den Verlust und die Trennung von Menschen, die mir sehr nahe standen, habe ich bis dato so noch nicht erlebt. Doch wie bei vielen schwierigen Lebensphasen kam irgendwann der Morgen, der ‘New Day Dawn’, an dem ich aufstehen und Dinge aus einer anderen Perspektive betrachten konnte. Oft ist es nur ein kleiner Schalter, der umgelegt, wird, aber einen großen Unterschied macht. Ich glaube, wir bewegen uns oft nach vorne und dann wieder zurück. Aber langfristig immer einen Schritt mehr nach vorne als zurück”, erzählt er.
Man möchte ihm und seinen Songs stundenlang zuhören. Ja, es gibt diesen ganz besonderen Gentleman “Spirit”, der sowohl den Kopf als auch die Füße in Bewegung bringt und einen besonderen Herzschlag  in Takt setzt.
Oder der Song “In My Arms”, der in erster Linie eine Hommage an seine Frau Tamika ist und auf keinem Gentleman Album fehlt und fehlen darf. Auf “Confidence” war es der Song “Intoxication”,
auf “Diversity” war es  “Unconditional Love”. Aus Liebe und Dankbarkeit, wie er sagt. In einem “positive uptempo vibe”. Einfach und nicht vertrackt, nicht kopflastig.
Es ist, so Gentleman, “dieses Gefühl der Vertrautheit, die man spürt, wenn man den Menschen, den man liebt, in den Armen hält. Die Kraft der Liebe, die alles zusammenhält, vieles so erträglich macht.
Der Stoff aus dem wir alle gemacht sind.”
Jeder Song auf New Day Dawn ist etwas Besonderes, hat sein eigenes Thema, seine eigene Seele.
In “Push Come To Shove” geht es um die Prüfungen, die das Leben ständig für einen bereithält.
“New Day Dawn”, der Song, der dem Album seinen Titel gab,  spielt mit dem Zustand, dass wir und unser Planet auch nach dem 21. Dezember 2012 aktuell noch existieren. Und dass wir trotz einem permanenten “Konsens der Angst”, der uns umgibt, irgendwie wohl doch von einer gewissen Kraft zusammengehalten werden. Mit allen Optionen, jeden Tag, jeden “New Day Dawn” gestalten zu können. Gedanken mit Tiefgang, musikalisch eingebettet in clubbigem Uptempo Sound. 
Die sehr persönliche Ballade “Memories”, in der Gentleman den Verlust eines Menschen in Worte und Töne fasst, die tief unter die Haut gehen.  Die kraftvoll selbstbewussten “Humanity’s Glory” und
“The Journey”
oder Songs wie “Walk Away”, “Where Is The Love”, “Wings To Fly” oder “Homesick” für den äußeren und den inneren Frieden. 
“Mir ist aufgefallen, dass heute Momente des Glücks, auch wenn sie vielleicht nicht so häufig sind wie sie vielleicht mal waren, eine ganz andere Qualität haben, viel intensiver sind und dadurch einen ganz anderen Stellenwert haben. Ich habe jetzt öfter die Erfahrung gemacht, dass ich in dem Moment, wo ich wieder einen Schritt zurück gemacht habe, etwas lerne was mich zwei Schritte nach vorne bringt.
Wahrscheinlich ist die Kunst herauszufinden, wann man etwas akzeptieren muss und wann man etwas verändern kann. Und jeder neue Tag, jeder ”New Day Dawn", gibt uns Chancen, etwas zu verändern oder eben zu akzeptieren. Wir bewegen uns in Zyklen und Zeiten der Selbstzweifel wird es wahrscheinlich immer geben. Aber Zweifel sind wohl auch für irgendwas gut."
Wenn man sich die Songs auf “New Day Dwan” anhört und entdeckt, welche Früchte Zweifel hervorbringen können, dann kann man dem nur vorbehaltlos zustimmen.
“Musik ist nicht nur Amüsement  sondern geht viel tiefer.” – 20 Jahre Gentleman Live mit Band
Freude kommt außerdem auf, wenn man sich die Songs live auf der Bühne vorstellt. Wird man bereits mit den Album-Versionen in den meisten Fällen bereits unweigerlich auf die Tanzfläche gezogen, so ist die Aussicht, die Energie der Songs live auf der Bühne zu erleben, eine Verlockung, die schon jetzt das Herz schneller schlagen lässt. Zumal 2013 ein ganz besonderes Jahr ist!
Im Dezember feiert Gentleman sein 20jähriges Bühnenjubiläum mit Band. Nach diversen Festival Auftritten im Sommer und der “New Day Dawn”-Tour im Herbst wird dieses Jubiläum mit zwei besonderen Shows am 28. Und 29. Dezember gefeiert. Da, wo alles seinen Anfang  genommen hat.
In seiner Heimatstadt Köln.
Dort hatte er im Dezember 1993 im “Basement” seinen ersten Auftritt mit Band, nachdem er bereits einige Zeit vorher die Südbrücke am Rhein mit Kumpels und Soundsystem zum Vibrieren gebracht hatte.  Erste Stationen einer Karriere, die ihre Initialzündung in ein paar Soundsystem Tapes fand, die ein Freund aus Jamaika mitgebracht hatte. “Das hatte alles so eine unglaubliche Energie”, so Gentleman zurückblickend.
“Mit 18 Jahren war ich dann das erste Mal auf Jamaika. Das hat meinem Blick auf Musik total verändert. Mir wurde zum ersten Mal bewusst, dass Musik viel mehr als nur Entertainment war. Wie wichtig Musik war, was sie auch politisch für eine Rolle spielt, Gesellschaften formen kann. Dass Musik nicht nur Amüsement ist, sondern viel tiefer geht.”
“Es geht darum, Grenzen zu überschreiten, aus den vorgegebenen Milieus auszubrechen, neue Erfahrungen zu sammeln” – Der Dokumentarfilm “Journey to Jah”
Abgerundet wird dieses ereignisreiche “Gentleman-Jahr” 2013 zudem durch den packenden und beeindruckenden Kinodokumentarfilm “Journey to Jah” der Regisseure Noël Dernesch und Moritz Springer, der das globale Phänomen des “Crossing Borders” thematisiert und die Erfahrungen bei der Integration in eine fremde Kultur dokumentiert.
Unter der Überschrift: “We must live with love” – Reggae und Crossing Borders  – haben Dernesch und Springer die europäischen Musiker Gentleman und Alborosie, die in der karibischen Kultur Jamaikas eine neue spirituelle Heimat gefunden haben, und die jamaikanische Sängerin Terry Lynn, die sich musikalisch in entgegengesetzter Richtung an europäischen Stilen orientiert, über sieben Jahre begleitet. Und haben sich die Frage gestellt, was aus Utopien wird, wenn sie gelebt werden und worin die Kraft von Ideen besteht, über Grenzen hinaus Menschen zu verbinden. Die Musik der Protagonisten ist dabei Soundtrack und Identität, Lebensgefühl und Religion und für die Filmemacher Mittel, bis in die Ghettos Jamaikas vorzudringen.
Und auch hier schließt sich für Gentleman wieder der zuvor beschriebene Kreis.
“In dem Film steckt ein ganzes Stück Lebensabschnitt von mir selbst. Es geht nicht explizit um die Musik sondern mehr um die Beweggründe, warum man Musik macht.  Es geht darum, Grenzen zu überschreiten, aus den vorgegebenen Milieus auszubrechen, neue Erfahrungen zu sammeln. 
Aber das gilt für alle von uns.
Terry Lynn zum Beispiel stammt aus Waterhouse, einem wirklich krassen Ghetto in Kingston, und ist mit ihren Techno Sounds zunehmend auch in Deutschland oder der Schweiz erfolgreich. Anders herum natürlich auch für den Sizilianer Alborosie und den ‘Kölschen Jung’ Gentleman.
Warum mache ich Reggae, was hat mich in dieses Land gezogen, was habe ich dort gefunden, was meiner Seele gut getan hat?
Ich empfinde heute dieses ‘fire from two sides’, also die für mich jeweils guten Teile meiner Heimat Köln und meines Zuhauses Jamaika, als großes Geschenk. Sicher auch ein Grund, warum ich aktuell das Gefühl habe, so selbständig und frei zu sein wie noch nie. Freiheit fängt da an, wo die Sehnsucht stärker wird als die Vernunft.”

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