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Gestatten, Götz Alsmann !

14.02.2001
Die Milch im Kaffee flockt, das belebende Getränk ist ungenießbar. Der Gentleman im makellosen Sommeranzug wahrt dennoch Haltung und findet gar ein paar freundliche Worte für den hilflosen Kellner.
“Ein Gefühl für Stil”, so wird Götz Alsmann später sagen, “gehört für mich zu jedem Lebensbereich, vielleicht am wenigsten noch zu meinen Fernsehauftritten.” Auf jeden Fall aber zur Musik, welcher sich der heute 40jährige Pianist, Sänger, Bandleader, Komponist, Moderator und Humorist schon als Teenager mit Leidenschaft verschrieb. Etwas anders als der Rest indes war der Götz schon damals: während die Mitschüler lange Mähnen zu noch längeren Rock-Epen schwangen, spielte er lieber gepflegten Dixieland und kämmte sich eine prachtvolle Haartolle über die Stirn.
Dem Jazz der Frühschoppen hat Alsmann inzwischen Adieu gewunken, den Status des Außenseiters aber hat er ebenso zum Markenzeichen erhoben wie die üppige Frisur. Und den musikalischen Perlen der Vergangenheit hat er sich mit Spürsinn und Forschergeist genähert und wohl endgültig verschrieben. “Irgendwann”, erinnert sich der überzeugte Münsteraner, “sollte ich in meiner Spätshow ein deutsches Stück zu Ehren Ilse Werners spielen und habe mich für Heinz Erhardts ‘Fräulein Mable’ entschieden.” Ein Glücksgriff, wie sich zeigen sollte, und fortan bereicherte Götz Alsmann sein Repertoire aus Mambo, Bossa Nova und Jazz-Kleinodien um einen Schlager-Evergreen nach dem nächsten. “Zu meinem allergrößten Erstaunen”, wundert sich der Künstler heute schon mit frechem Grinsen, “fuhr auch das Publikum in meinen Konzerten total darauf ab, wir durften kaum mehr etwas anderes spielen.”
 
Nur konsequent also, daß Alsmann sich auf seiner neuen CD “Gestatten, Götz Alsmann” ganz den süßen Kamellen aus grauer Vorzeit zugeneigt hat. Zum Glück aber und doch nicht völlig unerwartet klingen Lieder wie “Va Ba Ba Boom”, “Montevideo”, “Mambo Mann”, “Ich träume so gern” oder “Liebling, Deine Augen lügen”, von kleiner Besetzung oder auch großem Orchester intoniert, kein bißchen angestaubt. “Man vergißt ja nur allzu leicht und gern”, erklärt der Dozent und Sammler Alsmann, “daß Komponisten und Interpreten wie Botho Lucas und sein Trio, Peter Thomas und Bully Buhlan wahre Meister ihres Faches waren und sogar die Amerikaner einige ihrer Melodien auf die heimischen Bühnen stellten.” Bestimmt aber nicht, da sind wir sicher, mit dem gleichen, charmanten Schalk im ausrasierten Nacken wie Götz Alsmann.

Für ihn ist der Träger eines Doktortitels zunächst beim Radio, später dann im TV mit der “NDR Spätshow”, der “Götz Alsmann Show”, “Casino Royal” und “Zimmer frei” bekannt, berühmt und für manche auch zur Kultfigur geworden. Anders als seine Vorbilder aus der TV-Geschichte jedoch nutzt Alsmann vor der Kamera die Gnade der späten Geburt und treibt Schabernack zum vergnüglichen Entsetzen seiner Zuschauer und Gäste – und auch schonmal zum eigenen. “Ich lege zwar Wert auf angemessene Erscheinungsformen”, erklärt er gestenreich, “aber im TV-Studio verlassen mich alle Hemmungen, da ist mir kaum noch etwas peinlich.” Da habe er manchmal Sachen gemacht, die er hinterher selbst nicht fassen konnte, “warum zertrümmere ich plötzlich Möbel und spucke Frank Zander ein Glas Wasser ins Gesicht?” Immerhin aber enden solche Spektakel meist mit einem versöhnlichen Duett am Piano, bei einem herrlichen Schlager aus den Fifties oder Sixties, wie sie jetzt gleich 19 Mal auf “Gestatten, Götz Alsmann” verewigt sind.
 
Niemand indes sollte den Familienvater deshalb in die Riege der unverbesserlichen Nostalgiker stellen, “diese Zeit war nicht gut, das sage ich oft und gern.” Zwar beherberge sein Kleiderschrank manch schrille Pretiose damaliger Couture, gefalle ihm auch das eine oder andere Stück aus den einst erfolgreichen Designer-Schmieden, “damit hat’s sich aber auch. Ich lebe nicht auf meinem eigenen Planeten, ich fühle mich wohl im Hier und Jetzt.” Zumindest solange man ihn hinter keinen Computer zwinge oder junge Damen “mit Schuhen Modell Klumpfuß” seinen Blick kreuzen. Da zieht der Ästhet strenge Grenzen, “und mich stört’s nicht im geringsten, altmodisch genannt zu werden.”
Ein Prädikat, das Alsmann ohne Murren auch seiner Musik unterstellen läßt, “schon deshalb, weil ich altmodisch gern durch zeitlos ersetze.” Genau wie im Fernsehen, wo die krampfhafte Suche nach neuem Formaten zu nichts geführt habe, “erweisen sich doch auch in der Musik die einfachen Ideen von früher als jene, die beim Publikum einfach am besten funktionieren – solange man eine zeitgemäße Sprache dazu erfindet.” Kein Problem natürlich für Götz Alsmann, der auf seinem Album nicht wenige der alten Songs mit kongenialen deutschen und zudem höchst amüsanten Versen angereichert hat.
 
Umgeben hat sich der “nicht untalentierte Musiker und leidliche Sänger”, so Alsmann über Alsmann, dafür mit exquisiten Musikern, mit seiner aus dem TV bekannten Band und Gästen wie dem Trompeter Till Brönner, Georg Mayer an Saxophonen, Flöte und Klarinette, dem Percussionisten Jürgen Fischer, Altfrid M. Sicking (Vibraphon) und The Marugo Calypso Boys für den Chor so hinreißender Titel wie “Siebzehn Jahr”. Aufgenommen wurde der einstündige Parcours durch die Jahrzehnte in nur drei Tagen, “denn von Nachtsessions und dem Klischee des aufreibenden Rockmusiker-Lebens”, sagt Alsmann mit einer Ahnung von Ekel in der Stimme, “halte ich gar nichts. Ich verteile am liebsten morgens um zehn Notenblätter an gut vorbereitete Begleiter, muß dafür dem ersten Take nicht zehn weitere folgen lassen und mache um neun Feierabend.” Kein Wunder mithin, daß ihm “Gestatten, Götz Alsmann” zum erfrischenden, galanten und sogar radiokompatiblen Werk geraten ist, das nicht bloß einen singenden Fernsehstar, sondern einen passionierten Musiker präsentiert. “Gott sei Dank”, grinst Götz Alsmann, “muß ich mir ja kein Quoten-Duell mit ‘Take That’ liefern – obwohl ich gelernt habe, in diesem Geschäft an alles und nichts gleichzeitig zu glauben!”

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