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Schnörkellose Romantik – Batiashvili spielt Tschaikowsky und Sibelius

Daniel Barenboim, Lisa Batiashvili
© Sammy Hart
03.11.2016
Es gibt nur wenige Solisten, denen schon in jungen Jahren kaum noch etwas beizubringen ist. Lisa Batiashvili ist eine solche Ausnahmeerscheinung.

Ureigene Spielkultur: Lisa Batiashvili

Die 1979 in Tiflis geborene Geigerin findet schon früh zu ihrer eigenen Form. Ihr Markenzeichen: der scharf geschnittene, klare Ton, kombiniert mit der Gabe, starke Gefühlssequenzen diskret zu vermitteln und nicht ins Sentimentale abzugleiten. Dabei schont sich Lisa Batiashvili keineswegs. Sie geht immer wieder an die Grenzen und stürzt sich mit wilder Leidenschaft in romantische Geigenmusik. Aber all dies geschieht mit Maß und Proportion. Nichts ist zufällig bei der georgischen Geigerin.
Alles macht musikalisch Sinn und wirkt dabei doch gar nicht künstlich. Das wäre auch seltsam bei ihrer Biographie. Lisa Batiashvili ist mit Musik aufgewachsen. Musik ist für sie das Natürlichste von der Welt. Bereits im Kindesalter erhält sie bei ihrem Vater Unterricht. Sie macht rasante Fortschritte, überfordert sich jedoch nicht, sondern arbeitet konzentriert an ihrer Technik. Mit 12 Jahren geht sie an die Hamburger Musikhochschule und lernt bei Mark Lubotski.

Schicksalhafte Begegnung: Daniel Barenboim

1993 wechselt sie zu der großen Geigenlehrerin Ana Chumachenco nach München und verfeinert ihre Fähigkeiten. Auf einen originellen Stil legt sie dabei gar keinen großen Wert. Lieber stellt sie sich in den Dienst der großen Komponisten und birgt die klanglichen Schätze, die sie hinterlassen haben. Doch gerade mit dieser bescheidenen Haltung findet sie ihren ureigenen Ton.
Lisa Batiashvili sucht nicht, sie findet, und diese Natürlichkeit, diese Unverkrampftheit beeindruckt nicht nur ihr stetig wachsendes Publikum, sondern auch gestandene Größen der Klassikkultur wie Alfred Brendel oder Daniel Barenboim. Letzterer nimmt zum ersten Mal von ihr Notiz, als er sie bei einer Fernsehübertragung mit dem finnischen Radio-Sinfonieorchester Sibelius' Violinkonzert interpretieren sieht.
Der Dirigent ist hingerissen von ihrem Spiel, ruft sie an und äußert den Wunsch, mit ihr zusammenarbeiten zu dürfen. Lisa Batiashvili nimmt die Offerte an. In der Folge tritt sie mehrmals mit Barenboim und der Staatskapelle Berlin vor 40.000 Zuschauern beim Berliner Opern-Air-Konzert “Staatsoper für alle” auf. Dabei spielen die beiden auch die Violinkonzerte von Sibelius und Tschaikowsky, die beim Publikum frenetische Begeisterung auslösen.

Modernisierte Romantik: Schnörkellose Darbietung

Daraufhin gehen sie ins Studio und nehmen die beiden Konzerte auf. Das Resultat liegt jetzt vor, und man kann nur sagen: Es ist überwältigend. Lisa Batiashvili entschlackt und modernisiert das Violinkonzert von Tschaikowsky, das oftmals zu pathetisch gegeben wird. Ohne den starken Gefühlsausdruck des russischen Komponisten zu beschneiden, verzichtet sie doch auf große Gesten und macht das Hörerlebnis damit umso berührender. Bei Batiashvili hört man den echten, den wahren Tschaikowsky.
Sie fügt der Komposition keine unnötigen Extras hinzu, sondern lässt Tschaikowsky für sich selbst sprechen. Paradoxerweise entfaltet sie gerade so einen originellen Klang. Ihr natürliches Spiel ist unverwechselbar, und es passt nicht nur zu Tschaikowsky, sondern auch zu Sibelius. Bei dem Violinkonzert des finnischen Komponisten spürt man, wie sie sich an den eigenwilligen, skandinavischen Klangnuancen erfreut und unbändige Lust am virtuosen Spiel entwickelt. Doch alles mit Maß und poetischer Inspiration. Das ist wahrhaft große Kunst.    

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