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Biografie 2010

Melissa Etheridge 2019
16.03.2010
Fearless Love (VÖ: 23.04.10)
“Bei diesem Album musste es einfach um die Songs an sich gehen”, sagt Melissa Etheridge über Fearless Love, ihr zehntes Studioalbum.
Ein Satz, der bezeichnend für ihren Ansatz ist, schließlich haben wir es hier mit einer Künstlerin zu tun, deren Markenzeichen es ist, den Fokus auf die Einheit “Song” zu legen. Seit dem Beginn ihrer Karriere im Jahr 1988 hat Etheridge nie aus den Augen verloren, dass letztendlich alles von der Qualität der einzelnen Songs abhängt. Sie sind das Fundament, die Basis ihrer Erfolge. Etheridge hat in den letzten 22 Jahren alles in ihre Songs gesteckt – und das hat sich auch bezahlt gemacht.
Denn besagte Songs – beispielsweise “Bring Me Some Water”, “Ain’t It Heavy”, “I’m The Only One”, “Come To My Window”, “I Want To Come Over” “Angels Would Fall”, “I Run For Life” und “I Need To Wake Up” – haben ihr indirekt fünf Platinalben beschert (darunter die gleich mehrfach mit Platin ausgezeichneten Melissa Etheridge, Your Little Secret und Yes I Am, das sich insgesamt sechs Millionen Mal verkaufte) sowie zwei Grammys, einen Oscar, einen “Songwriter of the Year”- und einen “Founders”-Award von der US-amerikanischen Verwertungs-gesellschaft ASCAP. All diese Erfolge basieren auf genau diesen Songs, die sie da anspricht.
Während man sie also ohne Übertreibung als eine der größten weiblichen Rockstars aller Zeiten bezeichnen kann, ist Melissa Etheridge noch viel mehr als das: die in Kansas geborene Musikerin ist zugleich vierfache Mutter und eine Frau, die den Krebs besiegt hat. Sie ist eine engagierte Aktivistin, die sich immer wieder in kulturellen und politischen Fragen einbringt, für die Menschenrechte kämpft, Menschen zum Umdenken bewegt und sich seit geraumer Zeit einer Sache verschrieben hat: der Wahrheit.
Auf Fearless Love, das am 23. April 2010 auf Island Records erscheint, präsentiert sie sich in Bestform und zieht musikalisch sämtliche Register. Erste Gedanken über ihr neues Album machte sie sich schon Anfang 2009; sie dachte über mögliche Themen nach, als ihr schlagartig die zündende Idee kam: “Alles lässt sich in zwei Kategorien einteilen: in Liebe und Angst”, sagt sie. “Darum lautete der Arbeitstitel zunächst auch Songs of Love and Fear, weil diese beiden Komponenten in jedem einzelnen Song auftauchten, und es ging immer darum, welche der beiden Kräfte am Schluss die Oberhand behält.”
Das erste Stück, das sie für das neue Album schrieb, das dramatische “To Be Loved”, klingt noch sehr viel düsterer als der Rest des Longplayers. Und während sie fleißig weitere Songideen sammelte, kristallisierten sich schon bald erste Singlekandidaten heraus: “Indiana” zum Beispiel, eine Ballade, die zu einem überdimensionalen Rocksong anschwillt, während es im Text um ein Mädchen geht, das endlich lernt, mit ihren Kindheitserfahrungen im Herzen Amerikas zurechtzukommen; “The Wanting Of You”, ein klassischer Etheridge-Rocksong, in dem es wieder um ein Mädchen aus einer Kleinstadt im Mittleren Westen geht, wobei dieses Mal die beklemmende Angst, ob es die richtigen Entscheidungen getroffen hat, im Mittelpunkt steht; und “Company”, ein Midtempo-Rocksong, der in den kommenden Monaten ohne Frage noch häufig im Radio zu hören sein wird. Die überdimensionalen Powerchords von “Company” dürfen dabei wieder einmal als perfektes Beispiel für ihren Hang gelten, sich ihre Einflüsse ganz offen auf die Fahne zu schreiben – denn die Gitarre klingt ganz klar nach Pete Townshend. Wenn man sich dann das komplette Album etwas genauer anhört, wird man hier ein Gitarrenriff à la U2 erkennen, da ein Element, das an ZZ Top angelehnt ist und sich dann wieder an Led Zeppelin erinnert fühlen. Melissa macht wie gesagt keinen Hehl daraus: “Ich wollte einfach ganz dreist die Sachen benutzen, die mich schon mein ganzes Leben begleiten”, sagt Etheridge. “Sie alle sollten auf dieser Platte zu erkennen sein, weil ich mich damit vor all den Musikern verneigen wollte, die mir etwas bedeuten.”
Dabei hatten auch ihre vier Kinder direkten Einfluss auf das kommende Album: “Inzwischen bin ich an einem Punkt angekommen, an dem ich mich ihrem Einfluss gar nicht mehr entziehen kann, um ehrlich zu sein. Ich sagte irgendwann zu ihnen, dass ich mit dem Gedanken spielte, das Album Songs of Love and Fear zu nennen, und meine eine Tochter sagte nur: ‘Auf keinen Fall! Der Titel ist viel zu lang!’ ‘Aber es geht nun mal um die Themen Liebe und Angst’ 'sagte ich, ‘was meinst du denn zu Fearless?’ ‘So heißt doch schon der Song von Taylor Swift’, erklärte sie mir da, ‘warum nicht einfach Fearless Love?’ Das ist der perfekte Titel, dachte ich mir; ich musste also nur noch einen Song schreiben, der ‘Fearless Love’ heißt.” Was sie dann auch tat: einen Rocksong, bei dem sie richtig Vollgast gibt, und der aus diesem Grund als erste Singleauskopplung erscheint. In den Staaten entpuppte sich das Titelstück im Handumdrehen als absoluter Airplay-Hit.
Als es an die eigentlichen Aufnahmen von Fearless Love ging, holte Etheridge ihren alten Freund John Shanks hinzu, der die Produktion übernehmen und obendrein auch noch ein wenig Gitarre spielen sollte. “Ich behaupte immer gerne, dass ich es war, die John Shanks entdeckt hat”, erzählt sie lachend. “Bei meiner allerersten Tour war er als Gitarrist dabei; danach haben wir von 1993 bis 1999 zusammengearbeitet.” Als Produzent trat Shanks erstmals in Aktion, als er 1999 die Rolle des Co-Producers für Melissas Breakdown-Album übernahm. “Und danach ging’s für ihn richtig los: Er arbeitete wenig später mit Michelle Branch, Sheryl Crow, Alanis Morissette – und heute ist er der ultimative Mr. Pop. Das alles lief nicht schlecht für ihn”, so Etheridge. In der Tat: 2005 gewann Shanks den Grammy in der Kategorie “Produzent des Jahres”, und neben den bereits erwähnten Musikerinnen hat er auch mit Carlos Santana, Celine Dion, Sting, Fleetwood Mac, Bon Jovi, Jewel, Robbie Robertson, Chris Isaak, Stevie Nicks, Keith Urban, Kelly Clarkson und Rod Stewart gearbeitet.
“Ich jedoch hatte mit ihm seit Breakdown kein ganzes Album aufgenommen”, berichtet sie weiterhin, “also rief ich ihn an und sagte: 'John, ich will ein komplettes Album, und es soll so entstehen, wie es die großen Rockbands früher gemacht haben: man zieht sich zurück an einen abgeschiedenen Ort, lebt und arbeitet dort zusammen und widmet all seine Zeit und alle Energien ausschließlich der Musik.”
Gesagt, getan: Etheridge und ihre neue Studioband – Bassist Sean Hurley (Ringo Starr, Josh Groban, Alicia Keys), Schlagzeuger Victor Indrizzo (Willie Nelson, Five For Fighting, Colbie Caillat) und Keyboarder Jamie Muhoberac (Bob Dylan, Eric Clapton, Sheryl Crow) – zogen mit Shanks in die Document Room Studios in Malibu, wo sie alles daransetzten, die Aufnahmen so organisch und “live” wie möglich zu gestalten. “John war es, der diese unglaublich guten Musiker aufgetan hat. Ich hatte noch nie zuvor mit ihnen gearbeitet”, berichtet Melissa strahlend. “Er selbst hat Tag und Nacht an diesem Album geschraubt. Ich bin wahnsinnig stolz auf das Ergebnis: Fearless Love klingt genau so wie ich mir das vorgestellt habe, als ich ihm zum ersten Mal davon erzählte.”
Ihr zehntes Album erscheint zweieinhalb Jahre nach dem autobiografischen The Awakening und sechs Jahre nach ihrem erfolgreichen Kampf gegen den Brustkrebs. Wir befinden uns an einem Punkt ihrer Karriere, an dem die Liste der Erfolge schlichtweg zu lang ist, die Highlights der letzten 20 Jahre zu gut dokumentiert sind, um darauf näher einzugehen. Anders gesagt: An einem Punkt, an dem sich Melissa Etheridge in der beneidenswerten Position befindet, ausschließlich diejenigen Songs aufnehmen zu können, die sie wirklich bewegen. Im Jahr 2010 tauchen daher viele Elemente in ihrer Musik auf, die man inzwischen von ihr kennt und erwartet – die überdimensionalen Melodien, ihre ausdrucksvolle Stimme, dazu jede Menge Emotionen in den Texten –, doch geht sie nun noch weiter, integriert Neues, eine Mandoline zum Beispiel, das Klavier spielt eine größere Rolle, und dann wären da natürlich noch die Gastauftritte von Joss Stone und Natasha Bedingfield, die sich dieses Mal das Mikrofon mit Melissa geteilt haben. So vereint Fearless Love astreine Rocksongs mit ganz sanften, hauchfeinen Balladen, während die 48-Jährige sich immer wieder vor ihren Einflüssen und Musen verneigt.
Nur eines ist Melissa Etheridge auf Fearless Love gewiss nicht: zurückhaltend. Auch das ist typisch für sie. Mit der neuen LP gelingt es ihr abermals, jenes klangliche und inhaltliche Spektrum zu erweitern, dessen Grenzen sie seit über 20 Jahren immer wieder aufs Neue auslotet. 
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