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Domingo Day

16.07.2004
Der 28. September 1998 war ein Tag der Ehrungen. Denn Plácido Domingo konnte an diesem Abend auf eine ganze Reihe von Jubiläen zurück blicken. Es war seine 17. Saisoneröffnung an der New Yorker Metropolitan Opera in Folge, ein Rekord, den er nur noch mit Caruso teilen muss. Außerdem feierte er seine 30-jährige Verbundenheit mit dem renommierten Opernhaus. Und das Ganze noch mit einer seiner Lieblingspartien, dem Titelhelden aus Camille Saint-Saëns' “Samson et Dalila”.
Mit seinen Opern hatte Camille Saint-Saëns (1835–1921) kein Glück. Auch wenn der Pariser Komponist es insgesamt 16-mal versuchte, blieb auf Dauer nur eine einzige im Repertoire der internationalen Musiktheater. Dabei war es zu Beginn sogar unsicher, ob aus dem alttestamentarischen Stoff überhaupt ein dramatisches Bühnenwerk entstehen sollte. Vor der Uraufführung in Weimar 1877 hatte Saint-Saëns die Geschichte “Samson et Dalila” zunächst als Oratorium geplant. Das hatte wiederum Konsequenzen für die Durchführung der Handlung. Denn der Komponist verzichtete darauf, eine Dramaturgie zu entwickeln, bei der sich zwangsläufig die Elemente aus dem Vorangegangenen ergeben. Die einzelnen Szenen stehen häufig für sich, zweimal sind Ballett-Einlagen eingeschoben. Das mochte manchem Kritiker als Schwäche erscheinen. Im Kern jedoch bedeutete es aber einen Vorzug, denn auf diesen Weise konnte Saint-Saëns' sorgfältig ausgestaltete Musik im Vordergrund stehen. Die instrumentalen Passagen, vor allem aber die unter die Haut gehenden Chorpartien gehören daher auch zu den besonderen Stärken des Werkes. Schließlich hatte es noch einen anderen Vorteil. Durch das kleine Inventar an Hauptfiguren – neben Samson und Dalila sind eigentlich nur der Hohepriester Dagons, der Satrap Abimélech und ein alter Hebräer genauer charakterisiert – ist die Oper ein Paradestück für großartige Solisten, die dem sündigen Helden des alten Testaments und seiner ebenso lasterhaften Verführerin ihren persönlichen Stempel aufdrücken können.
 
So hat auch Placido Domingo betont, dass Samson zu seinen bevorzugten Rollen auf der Opernbühne gehört. Tatsächlich hat sie einiges zu bieten. Samson ist zunächst der starke Held, der die Philister besiegt, dann der feurige Liebhaber, der dem falschen Zauber der Dalila erliegt, schließlich der geblendete und verspottete Gefangene, der am Ende durch Gottes Hilfe doch noch die lasterhaften Philister durch den Einsturz des heidnischen Tempels niederringt – da ist viel Potential verborgen, das von einem schauspielerisch begabten Tenor ausgearbeitet werden kann. Domingos Version ist daher auch bestimmt von der Kraft des erfahrenen Sängers, der genau die Stärken der Rolle herausstellen versteht.
 
Seine Partnerin Olga Borodina wiederum ist ebenso versiert im Umgang mit den Reizen der Verführerin, zumal sie bereits seit 1992 mit Domingo in dieser Rolle zusammen wirkt (damals an Covent Garden). Dazu kam für die Inszenierung das expressionistische, an Matisse erinnernde Bühnenbild, das Richard Hudson für die im Frühjahr 1998 aus der Taufe gehobene Inszenierung von Elijah Moshinsky geschaffen hatte. Bedrohliche, stark geometrisch und archetypisch bestimmte Räume trafen auf exotistisch-afrikaneske Kostüme, mit denen die Philister – ein wenig klischeehaft – als Heiden charakterisiert wurden. Die Wirkung jedenfalls war immens, so dass auch die Kritik ins Schwärmen kam. Und nicht zuletzt war es Domingo, der Star des Abends, der die Rezensenten bezauberte.

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