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Liebe im Wilden Westen

22.07.2005
Es ist die große Zeit der amerikanischen Mythen. Goldgräber versuchen ihr Glück in den unendlichen Weiten eines noch kaum besiedelten Landes. Das Recht ist das des Stärkeren, ob er nun auf der Seite des Gesetzes steht oder als Bandit sein Unwesen treibt. Im Jahr 1910 machte Giacomo Puccini aus dieser Konstellation eine Oper, La Fanciulla del West. Und er hatte einen typisch amerikanischen Kniff in die Handlung eingebaut. Denn im Unterschied zu viele unglücklichen Helden auf der Bühne siegt hier zum Schluss die Liebe über das Verbrechen und führt in die Hoffnung, mit der Minnie und Dick Johnson in die Ferne ziehen, um ein neues Leben anzufangen. Ein klassisches Happy-End.
Buffalo Bill war nicht nur ein Revolverheld, sondern auch ein gefragter Entertainer. Zu den vielen Varietéprogrammen, die in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts durch die Lande tingelten, gehörte auch er mit seiner berühmten Wildwest Show. Es muss um 1890 gewesen sein, als im Publikum ein junger Mann names Giacomo Puccini saß und eine der Italienvorstellungen des Unterhaltungsspektakels ansah. Er war beeindruckt und die Idee, eines Tages eine Oper im Wilden Westen spielen zu lassen, war geboren. Allerdings brauchte es weitere zwei Jahrzehnte, bis daraus auch ein konkretes Bühnenstück wurde. Am 10. Dezember 1910 hatte “La Fanciulla del West” an der Metropolitan Opera in New York Premiere. Die Vorstellung war prominent besetzt. Den Bandenchef Dick Johnson sang Caruso, die propere, aufrechte Minnie wurde von Emmy Destinn verkörpert, für den eifersüchtigen Sheriff stand Pasquale Amato zur Verfügung. So wundert es wenig, dass die ersten Aufführungen ein großer Erfolg waren, bei dem das New Yorker Publikum dem italienischen Veristen zu Füßen lag. Allerdings hielt die Euphorie nicht lange an. Obwohl die Oper 1911 von Puccini in einer Orchesterversion vorgelegt wurde und überhaupt der Komponist vieles versuchte, um sie auf der Bühne zu halten, verschwand sie vergleichsweise schnell aus den Spielplänen und blieb über mehr als ein halbes Jahrhundert in der Versenkung verschwunden. Erst als man begann, sich in den Siebzigern und Achtzigern weniger bekannten Werken zuzuwenden, tauchte auch die Fanciulla wieder auf und feierte ein Comeback in internationalen Häusern.

Zu den wichtigsten und prägenden Aufführungen dieser zweiten Periode gehören die Vorstellungen am Haus ihrer ehemaligen Premiere in New York. Der Regisseur Giancarlo de Monaco und sein Bühnenbildner Michael Scott verhalfen dem Werk zu einem quasi-realistischen Ambiente: ein Saloon, der aus einem gestandenen Western stammen könnte, Minnies karge Hütte, schließlich eine geisterhaft ausgestorbene Straße der Goldgräberstadt, die den Schlussszenen der fast vollstreckten Lynchjustiz an Johnson eine besonders gespenstische Atmosphäre verleiht. Dazu kommen die ausgezeichneten Darsteller, die dem handlungsreichen Melodram das nötige Tempo verleihen. Der Met-Star Sherrill Milnes etwa stellt den Sheriff Jack Mance mit einer Mischung aus Verschlagenheit und Naivität dar. Placido Domingo mimt einen herrlichen Verbrecher Johnson, der sich am Ende im Angesicht der Liebe zum neuen Menschen wandelt.
 
Und Barbara Daniels präsentiert eine mal energische, mal schnippische, mal hingebungsvolle Minnie, der man das Hemdsärmelige der Selfmade-Frau mit Winchester im Arm mühelos abnimmt. Dirigiert wird La Fanciulla de West von Leonard Slatkin, der damit seinen Einstand an der Metropolitan Opera feierte. Und für die DVD-Version wachte der Opern-erfahrene Regisseur Brian Large darüber, dass Handlung, Stimmungen und Musik auch in adäquater Weise von den Kameras festgehalten werden. Ein reizvolles Opern-Ereignis in prächtigem Klanggewand wahlweise in PCM Stereo oder DTS / Dolby Digital 5.1 Surround.

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