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Roy Hargrove Biografie

Roy Hargrove
19.06.2004
In geradezu rasanter Weise hat Roy Hargrove die Stufen zum Olymp der Jazzmusiker erklommen, nachdem er sich 1987 als 17jähriger bei einem Konzert in Fort Worth/Texas mit Wynton Marsalis auf der Bühne messen durfte. Diese Begegnung mit dem Guru der Neotraditionalisten im Caravan of Dreams Art Center in Fort Worth war für den jungen Trompeter der erste große Schritt in Richtung seiner internationalen Karriere. Nach einem kurzen Studienaufenthalt am Berklee College of Music (1988/89), spielte der aufstrebende Hargrove im Dezember 1989 u.a. mit den Veteranen Al Foster und John Hicks für Novus sein Debütalbum ein, das den äußerst passenden Titel “Diamond In The Rough” trug – denn der damals gerade einmal 20jährige Protagonist war in der Tat ein “ungeschliffener Diamant”.

Weitere vier Alben sollten Schlag auf Schlag für das Novus-Label folgen: “Public Eye” (1990), “The Tokyo Sessions” (1991), “The Vibe” (1992) und “Of Kindred Souls” (1993). Jedes einzelne konsolidierte Hargroves Ruf, die neue Speerspitze der “Young Lions”, jener Hüter und Bewahrer des traditionellen Jazz, zu sein. Nicht von ungefähr schrieb der bekannte Kritiker Gary Giddins 1993 in der Village Voice: “Hargrove ist der beste Jazztrompeter seit Wynton Marsalis und der aufregendste seit Freddie Hubbard.”

Erste musikalische Erfahrungen hatte Roy Hargrove in seiner Heimatstadt Dallas in Texas gesammelt. Der Schlagzeuger Dean Hill, der an der Highschool einer von Roys Lehrern war, weckte in dem Youngster das Interesse an der Musik von Clifford Brown, Fats Navarro und Lee Morgan. Die Bebop- und Hard-Bop-Trompeter wurden so zu seinen großen Vorbildern und bestimmten Hargroves eigene musikalische Ausrichtung in den Anfangsjahren seiner Karriere. Noch bevor er seinen Highschool-Abschluß in der Tasche hatte, zählte Hargrove neben Wynton Marsalis auch schon Jazzlegenden wie Dizzy Gillespie, Sonny Rollins und Frank Morgan zu seinen Bewunderern. Dabei begeisterte er diese nicht nur durch seine technische Perfektion, sondern vor allem durch den hohen emotionalen Gehalt seines Spiels, durch seine Fähigkeit, mit dem Horn lyrische Geschichten zu erzählen. Daß er bereits in jungen Jahren einen eigenen Kopf hatte, bewies Hargrove, als er ein verlockendes Angebot von Art Blakey, der ihn in seinen Band The Jazz Messengers holen wollte, ablehnte, weil er damals noch zur Schule ging.

Während Roy Hargrove in der ersten Hälfte der 90er Jahre seine ersten fünf Alben unter eigenem Namen einspielte, machte er auch eine Reihe von Aufnahmen an der Seite von alten und neuen Meistern des Jazz wie Sonny Rollins, Jackie McLean, Frank Morgan, Slide Hampton, Johnny Griffin, Ricky Ford, Ralph Moore, Antonio Hart, Stephen Scott, Rodney Kendrick und Marc Cary. Und schon bald gab es auch erste Indizien dafür, daß ihm das Korsett des “Young Lion” ein wenig zu eng wurde. Auf Platten von Diana Ross, Steve Coleman & The Five Elements und Buckshot LeFonque (a.k.a. Branford Marsalis) streckte Hargrove seine Fühler in neue musikalische Richtungen aus.

Auf seinen eigenen Alben blieb er zunächst dennoch dem traditionelleren Jazz treu. 1993 wechselte Hargrove zu Verve Records und nahm für das legendäre Label die brillanten Alben “With The Tenors Of Our Time” (1993 mit u.a. Johnny Griffin, Joe Henderson, Branford Marsalis, Joshua Redman und Stanley Turrentine), “Family” (1995 mit einem Gastauftritt von Wynton Marsalis) und gemeinsam mit zwei weiteren jungen Stars des Verve-Labels – Pianist Stephen Scott und Bassist Christian McBride – “Parker’s Mood” (1996) auf. Einem exzellenten Abstecher zum Cubop, der auf dem Album “Habana” (1997) dokumentiert ist, folgte 1999 das mit Streichern aufgenommene Balladen-Opus “Moment To Moment” (1999), das einem natürlich sofort das 1955 entstandene Album “Clifford Brown With Strings” in Erinnerung rief.

Dann legte Roy Hargrove seine Solokarriere vier Jahre lang auf Eis, um sich in musikalische Projekte von anderen Künstlern einzubringen: So spielte er auf zwei Alben des Rappers Common mit, begleitete die NeoSoul-Diva Erykah Badu, die er noch aus seiner Highschool kannte, und den Sänger D’Angelo. Als Partner von Herbie Hancock und Michael Brecker nahm er 2002 für Verve außerdem das mit zwei Grammys ausgezeichnetete Album “Directions In Music: Live At Massey Hall” auf, eine Hommage an Miles Davis und John Coltrane.

Als sich Roy Hargrove 2003 endlich mit einem eigenen Projekt zurückmeldete, überraschte er die Jazzwelt, die seine vorangegangenen musikalischen Seitensprünge mit Common, Erykah Badu und D’Angelo kaum wahrgenommen hatte: Denn auf dem Album “Hard Groove” präsentierte er mit einem Ensemble namens RH Factor eine hochspannende Fusion aus NeoSoul, HipHop und Jazz. 2004 ließ er mit RH Factor noch die EP “Strength” und 2006 das Album “Distractions” folgen. Als Gäste wirkten an den drei Einspielungen, die auch in Jazzzirkeln überschwenglich gelobt wurden, u.a. NeoSoul-Stars und Rapper wie Common, Erykah Badu, D’Angelo, Renee Neufville, Me’Shell NdegéOcello, Stephanie McKay, Q-Tip und Omar mit.

Parallel zum letzten Album von RH Factor veröffentlichte Roy Hargrove jedoch auch eine neue Platte, die er mit seinem akustischen Quintett und Gaststar Slide Hampton eingespielt hatte und die seine Rückkehr zum lupenreinen Jazz markierte: “Nothing Serious”. Nach einer Umbesetzung des Quintetts nahm der Trompeter das 2008 erschienene Album “Earfood” auf, auf dem er sich der Pflege des Hard-Bop-Erbes widmete. Obwohl er hier gelegentlich Erinnerungen an Art Blakeys Jazz Messengers, das Horace Silver Quintet und das frühe Quintett von Herbie Hancock mit Freddie Hubbard und Dexter Gordon weckt, fällt Hargrove dabei natürlich nicht komplett in die 50er und 60er Jahre zurück, sondern verjüngt und modernisiert das Hard-Bop-Idiom auf subtile Weise.

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