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Rufus Wainwright – Das Neue im Alten

02.05.2007
Der Reiz liegt in der Entwicklung unerwarteter Spannungsbögen. Natürlich haben die Werke großer Komponisten bereits eine klare Beziehungsstruktur gesellschaftlicher, künstlerischer und immanenter Komponenten, die einen wesentlichen Teil ihrer Bedeutung im kulturellen Diskurs ausmachen. Darüber hinaus aber können sie Zusammenhänge offenbaren, die den historischen Kontext ergänzen, wenn sie sorgsam ausgewählt neu kombiniert werden. Es entstehen emotionale und mentale Geflechte, die ein Oeuvre oder auch Teilaspekte daraus anders als bisher verständlich machen. Und auch das ist ein Aspekt der in vieler Hinsicht wegweisenden Yellow Lounge Reihe der Deutschen Grammophon. Denn es ist eine Sache, den Szenegängern von Berlin jeden Monatsanfang ein klassisches Club-Programm zu präsentieren. Es ist aber außerdem noch eine besondere Herausforderung, es wie der Popkünstler Rufus Wainwright mit einer komplexen Dramaturgie von Bach bis Schnittke zu versuchen und deren Werke sogar mit Interpretationen eigener Kompositionen durch das Fauré-Quartett zu rahmen.
Musik gehörte für Rufus Wainwright von Kindesbeinen an zum Alltag. Geboren im Juli 1973 in der Nähe von New York als Sprössling der Folk-Stars Kate McGarrigle und London Wainwright III war er mit natürlicher Selbstverständlichkeit von den Melodien der amerikanisch-kanadischen Song-Tradition umgeben. Als sich die Eltern trennten, zog er mit der Mutter nach Montreal, war bald in eigenen Familiencombos zu hören und versuchte sich, allerdings ohne einen Abschluss zu machen, an einem Klavier- und Kompositionsstudium an der McGill University. Wirklich Gedanken über seine künstlerische Zukunft musste Wainwright sich allerdings schon damals nicht machen, denn bereits mit seinen ersten Alben wurde er von 1998 an als einer der wichtigsten Newcomer des Singer/Songwriter-Fachs gefeiert.

Inzwischen zählt er zu den weltweit anerkannten Größen des gehobenen Unterhaltungsgeschäfts. Seine musikalischen Wurzeln allerdings hat er nicht vergessen: “Ich bin mit den Aufnahmen der Deutschen Grammophon aufgewachsen. Jedes Mal, wenn ich eines dieser Alben mit dem großen gelben Rahmen im oberen Drittel und der typischen Schrift darin in die Hand bekam, hat es mich an eine gewisse Tradition erinnert. Es war wie ein Qualitätssiegel … Unglücklicherweise hat mich die Tatsache, dass ich so viel klassische Musik gehört habe, ein wenig stumpf gemacht, was andere Musik angeht, machmal zumindest. Wenn man es mit den großen Werken zu tun hat – von Mahler oder einem anderen der ganz Großen – bekommt man mit ziemlicher Garantie ein paar großartige Momente zu hören, fast schon eine Art metaphysisches Erlebnis. Wenn man dann Popmusik hört, kann es einen ein wenig kalt lassen. … Ich glaube wirklich, dass klassische Musik für einen Westler, also jemanden mit europäischen Vorfahren, die Musik der Ahnen ist. Ich kann darin die Erfahrungen meiner Vergangenheit spüren. In gewissem Sinne ist klassische Musik also selbst eine Art Folkmusik”.
 
Vor diesem Hintergrund wundert es wenig, dass Rufus Wainwright mit Freuden sich bereit erklärte, für die Deutsche Grammophon eine CD der Reihe Yellow Lounge zusammenzustellen. Schließlich ist es für ihn nicht nur ein Spaß, sondern auch eine Herzensangelegenheit, die musikalische Tradition der klassischen Jahrhunderte in seiner Dramaturgie zu kombinieren. Auffallend ist dabei der Schwerpunkt auf Oper und auf pathetischen Momenten des Repertoires. So ist Wainwright Programm klar um die beiden Zentren “Tosca” (Puccini) und “Messa da Requiem” (Verdi) aufgebaut, von denen er die Arien “Tre sbirri, una carrozza” und “Rex tremendae” ausgewählt hat. Ungewöhnlich in diesem Zusammenhang sind auch Alfred Schnittkes “Quasi una Sonata” und Richard Strauss “Ah! Ich habe deinen Mund geküsst!” aus der Oper “Salome”. Darüber hinaus reicht das Spektrum von Jean-Philippe Rameaus “Les Indes galantes” bis zu Dmitri Schostakowitschs “Largo” aus der fünften Sinfonie. Und nicht zuletzt konnte Wainwright sich noch einen kleinen Traum erfüllen. Denn als Intro und Ausleitung der Compilation hatte er die Gelegenheit, gemeinsam mit dem Fauré Quartett die eigenen Kompositionen “Hometown Waltz” und “Cigarettes and Chocolate Milk” im Stile romantischer Salon-Miniaturen umzusetzen.
 
So ist sein Fazit klar und betont den Perspektivenreichtum der Yellow Lounge Reihe: “Ich glaube wirklich felsenfest, dass es eine Wende geben muss, was den Musikgeschmack der jungen Leute angeht – allein, weil sie einfach mehr Musik brauchen, die ihr Leben wirklich bereichert. Ich habe wirklich dieses Gefühl, dass wir so ziemlich am Boden des Qualitätsfasses angelangt sind, in puncto Musik, die für die Kids produziert wird. Ich zähle darauf, dass wenigstens ein großer Prozentsatz der Kids etwas mehr Intensität verlangen wird und sich auch in Richtung Klassik orientiert, zumindest manchmal. Ich werde alles tun, was ich dazu beitragen kann”.

Und so kann man Rufus Wainwright nicht nur als Kompilatoren, sondern auch als Künstler vor Ort erleben: Im Rahmen der kommenden Yellow Lounge wird er am Freitag, 4. Mai von 21 Uhr an gemeinsam mit dem Fauré Quartett und der Sopranistin Simone Kermes im cookies in Berlin, Friedrichstraße 158–164, die Ehre geben und das am 25. Mai erscheindende Album “Yellow Lounge compiled by Rufus Wainwright” vorstellen. Im Yellow Lounge Room bei iTunes gibt es aber schon jetzt eine Kostprobe des Albums als Single zum Download. In Form von Freecodes (anzufordern ab dem 04. Mai auf der Yellow Lounge Website) können Sie sich den Titel “Cigarettes And Chocolate Milk”, den Rufus Wainwright zusammen mit dem Fauré Quartett noch einmal aufgenommen hat, dann kostenlos herunterladen.

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