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Meisterkurs

22.01.2004
Natürlich sind die großen Violinkonzerte prächtiger und stellen den Virtuosen mit all seiner Darstellungskraft heraus. Doch um einen Künstler wirklich beurteilen zu können, bieten sich die kleinen Besetzungen an. Denn erst im intimen Ambiente persönlicher Zwiegespräche stellt sich heraus, wer wirklich über die brillante Fassade hinaus etwas zu sagen hat. Da ist es bezeichnend, dass einer der größten Geiger unserer Zeit, Gidon Kremer, eine Vorliebe für Duo-Einspielungen hat. Mit der “Collectors Edition” fasst die Deutsche Grammophon nun Kremers Kammermusiktreffen in einer 8-CD-Box zusammen. Ein Leckerbissen für Hörgourmets.
Kaum ein zeitgenössischer Geiger ist vielseitiger als Gidon Kremer. Ohne ihn hätten sich Komponisten wie Alfred Schnittke, Arvo Pärt, Hans Werner Henze oder auch Sofia Gubajdulina andere Solisten für ihre Uraufführungen suchen müssen. Ohne ihn hätten die Festwochen für Kammermusik in Lockenhaus, die er von 1981 an leitete, oder das Festival in Gstaad, dessen Programmplanung ihm 1997 Yehudi Menuhin übertrug, einen anderen Charakter bekommen. Und ohne ihn wären zahlreiche wunderbare musikalische Momente, die er an der Seite von großen Partner und Partnerinnen wie Valery Afanassiev oder Martha Argerich gestaltete, nie zustande gekommen. Dabei war zunächst gar nicht sicher, ob er jemals den Sprung an die Spitze der internationalen Geigerelite schaffen könnte. Immerhin, die Voraussetzungen waren nicht schlecht. Geboren 1947 im lettischen Riga, wurde Kremer zunächst von seinem Vater an die Musik herangeführt und in den Grundlagen unterrichtet. Den Feinschliff übernahmen dann Voldemar Sturesteps in seiner Heimatstadt, schließlich unter anderem David Oistrach am Moskauer Konservatorium. Die Ausbildung hatte Erfolg, Kremer gewann 1967 den König-Elisabeth-Wettbewerb in Brüssel und begann nun, mit verschiedenen Projekten in die Welt zu ziehen. Im Gepäck hatte er anfangs eine Guadagnini aus dem Besitz seines vermögenden Großvaters Karl Brückner. Nach der Übersiedlung nach Deutschland 1980 stieg er auf eine Stradivari aus dem Jahr 1734 um, die “Ex-Baron von Feilitzsch”.
 
Und er nahm fortan regelmäßig für die Deutsche Grammophon auf. Zwischen 1984 und 1994 entstanden die nun in der Gidon-Kremer-Box auf 8CDs zusammengefassten Violin-Sonaten-Aufnahmen, die ihn von der Hochklassik eines Beethoven über Busoni, Brahms, Schumann und Strauss bis zu Prokofiev, Bartók, Janacek und Messiaen führten. Einen Großteil der Aufnahmen verwirklichte er zusammen mit Martha Argerich, für Brahms und Busoni jedoch traf er auf Valery Afanassiev und für die Strauss-Sonate in Es-Dur, op. 18 auf Oleg Maisenberg am Klavier. Allen Einspielungen gemeinsam ist die enorme Kraft und Vehemenz der Interpretation auf der einen, die subtile Nuancierung und Detailversessenheit auf der anderen Seite. Diese Box ist ein Sammelsurium der Meisterwerke musikalischer Kommunikation, das anhand eines eindrucksvollen Querschnitts durch die Kammermusik das Urteil der Kritik nachvollziehbar macht, die Kremer unter die ersten Geiger seiner Generation stellt. Ein Schatzkästlein voller musikalischer Juwelen.

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