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Joseph Calleja über seine Rolle in Gounods “Faust” und die physische Verfassung von Opernsängern

Joseph Calleja
© Decca/ Mathias Bothor
06.01.2012
Joseph Calleja, der gestern die Titelrolle in Gounods “Faust” an der New Yorker Metropolitan Opera übernommen hat, freut sich gleichermaßen über den anhaltenden Erfolg seines aktuellen Albums, „The Maltese Tenor“ auf Decca, auf welchem er Arien von Verdi, Puccini, Massenet, Gounod, Offenbach und Bizet singt. Und tatsächlich ist es Callejas klassische Gesangskunst, die ihn auf all seinen Aufnahmen auszeichnet, auch wenn man im vorliegenden Fall eher an ein klassisches Hollywood-Produkt denken mag.

Im Zusammenhang mit Gounods „Faust“ erklärt Calleja, dass dies erst seine zweite Produktion seit den Berliner Aufführungen von 2006 sei. „Es ist eine Traumrolle, nicht nur unglaublich musikalisch sondern auch voller Saft und Kraft. Dabei handelt es sich um eine sehr moderne Geschichte, fast eine Geschichte über die Sucht. In Bezug auf Moral fehlt Faust einfach die psychologische Software zur Verhinderung des Schlechten, welches er anrichtet, bis es zu spät ist.“ Überraschenderweise ist Callejas Lieblingsszene die Szene ganz am Anfang, weil es eine theatralische Herausforderung sei. „Man beginnt als ein zynischer alter Philosoph. Man hat den Glauben verloren. Man sehnt sich nach Jugend um jeden Preis. Fast im Scherz beschwört man den Teufel, und zu seinem eigenen Schrecken erscheint der dann auch tatsächlich.“ Und“, setzt er rhetorisch fragend hinzu, „ist diese Jugend und das Vergnügen, welches er einem verspricht, denn so weit entfernt von der ewigen Jugend und der Männlichkeit, die wir uns von der Medizin und dem Gesundheitswesen heutzutage ersehnen?“

Das führte in der Folge zu einer Diskussion über die gegenwärtigen Vorurteile gegenüber der physischen Verfassung von Opernsängern. „Wir leben in einer visuell geprägten Gesellschaft“, sagte Joseph Calleja, aus dessen robusten, mediterranen Zügen seine hypnotisierenden blauen Augen hervorstechen, „und leider ist nun mal der allererste Eindruck, auf den die Menschen achten, das Aussehen. Ich will damit nicht sagen, dass alle Sänger über ein sportliches Sixpack verfügen müssen. Aber man muss glaubhaft sein.“

Joseph Calleja ist überzeugt, dass auch moderne Opernproduktionen glaubhaft sein müssen, und sagt, dass er gewisse Gefahrensignale während der Proben zu einer Neuproduktion erkennen kann. „Ich habe anerkannte Regisseure, denen man ein Heidengeld bezahlt hat, gesehen und erlebt, wie sie zu den Proben mit dem Libretto in der Hand erschienen sind – in Übersetzung und aus einem CD-Booklet." Aber er unterstreicht auch, dass „er selten eine schlechte Produktion gesehen habe von einem Regisseur, der das Stück kennt, es liebt und damit seinen Respekt gegenüber dem Stück bezeugt“.
Das komplette Interview mit Joseph Calleja in englischer Sprache finden Sie im The Wall Street Journal.

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