The Weeknd – “Can’t Feel My Face”
“I can’t feel my face when I’m with you, but I love it” – einprägsame Textzeilen, die inzwischen fast jeder mitsingen kann. Diese Lyrics stammen aus der Feder eines 26-jährigen Kanadiers, der in den vergangenen zwölf Monaten für eine Menge Aufsehen gesorgt hat. Dass The Weeknd aber schon vor sechs Jahren mit “The Morning”, “What You Need” und “Loft Music” seine ersten eigenen Songs bei YouTube hochgeladen hat, wissen hingegen die Wenigsten. Damals hatte er noch ganz andere Vorstellungen von seiner Karriere im Musik-Business. Hier erfahrt ihr mehr über Abel Tesfaye und seine Entwicklung vom unerkannten Phantom zum gefeierten Superstar.
Aus Abel Tesfaye wird The Weeknd – ohne Interviews
Abel wollte zu Beginn seiner Karriere eigentlich gar nichts von sich Preis geben – keine Auftritte und besonders: keine Interviews. Das hatte zahlreiche Gründe, wie er
dem Rolling Stone verriet: “Alles was einen R&B-Sänger ausmacht, war ich damals nicht: Ich war nicht in Form, ich war kein gutaussehender Typ – ich war peinlich ohne Ende”, erklärt er. “Ich mochte einfach nicht, wie ich auf Bildern aussah.” Hinzu kam, dass der Kanadier mit äthiopischen Wurzeln die High-School mit 17 abgebrochen hat – eine Tatsache, die er sich selbst nie richtig verzeihen konnte: “Ich bin noch immer unsicher, wenn ich mit gebildeten Menschen spreche. Ich möchte einfach nicht, dass sie mich für dumm halten”, gibt er zu.
The Weeknd 2012
Trotz aller Zweifel ist die Selbstvermarktungsstrategie, die sich der in Toronto lebende Musiker überlegte, richtig clever. Abel machte aus der Not kurzerhand eine Tugend: “Wir leben in einer Zeit, in der alles maßlos ist. Ich denke deshalb, es ist ganz erfrischend, wenn sich alle mal fragen: ‘Wer zum Teufel ist dieser Typ eigentlich?’” Die Sache mit dem Schulabbruch nutze er kurzerhand als Inspiration: Sein Künstlername The Weeknd ist auf das Wochenende zurückzuführen, an dem er mit einem Kumpel nach der Schule einfach abgehauen ist und nie wiederkam. Das fehlende e hat allerdings einen pragmatischen Hintergrund: Es gab in Kanada seinerzeit bereits einen Künstler, der sich The Weekend nannte.
“Ich will als kultig und anders in Erinnerung bleiben”, verriet The Weeknd dem Rolling Stone Magazin außerdem als Antwort auf die Frage, warum er eigentlich seine Haare so trägt wie er sie trägt. Wie ernst diese Aussage wirklich gemeint ist, zeigt sich in anderen Dingen, die sich der im Februar 1990 Geborene überlegt: Ursprünglich wollte Abel drei Alben pro Jahr rausbringen, ohne sich dabei zu zeigen, “weil das noch kein anderer vorher gemacht hat”, wie er der Los Angeles Times verriet. Gesagt, getan: 2011 veröffentlichte Abel drei Mixtapes und zog so die Aufmerksamkeit seines Landsmanns und Kollegen
Drake auf sich. Der twitterte damals schon, dass man The Weeknd im Auge behalten sollte, beschrieb ihn als “jungen König”.
The Weeknd – “Wicked Game” aus dem Album “Trilogy”
Dieser Aufruf ist nachvollziehbar, denn kultig und anders war The Weeknds Sound auch schon vor mehr als einem halben Jahrzehnt. Die Mixtapes aus dem Jahr
2011, die ein Jahr später unter dem Namen “
Trilogy” als erstes The Weeknd-Album veröffentlicht wurden, zeigen das noch heute. Von alternativem oder post-modernem R&B sprachen die Kritiker – inspiriert von Punk, Ambient, Industial, Downbeat und Dubstep. Vogue und New York Times ziehen Vergleiche zu
Prince und
Michael Jackson. Etablierte Künstler wie Drake,
Wiz Khalifa,
Juicy J,
Kavinsky,
Sia und
Diplo stehen Schlange, um mit The Weeknd Featurings zu produzieren.
The Weeknds erster Auftritt beim Coachella: “Es war ein Traum, der sich da erfüllte. Ein Alptraum.”
Aber ist nicht der aufkeimende Erfolg, der Abel Tesfaye schließlich inspiriert, doch die Bühnen der Welt erobern zu wollen. Vielmehr verdanken wir das einer
Live-Aid-Übertragung mit
Queen,
Phil Collins und
Elton John, die er sich angesehen hat: “Das war der Moment in dem ich mir dachte: Eine große Bühne – das will ich auch!”,
berichtet er der L.A.Times. Die sollte er bekommen – beim
Coachella Festival nach der Veröffentlichung seines Debüts “
Kiss Land” im Jahr
2013. “Das war allerdings erst meine dritte oder vierte richtige Show”, erklärt The Weeknd weiter. “Es war ein Traum, der sich da erfüllte. Ein Alptraum. Ich wusste nicht, wie ich meine Stimme unter Kontrolle kriegen sollte, weil ich so verängstigt war.”
Ariana Grande – “Love Me Harder feat. The Weeknd”
Als Folge dessen bat er seinen Agenten, mehr Shows für ihn zu buchen. “Ich wollte kein weiteres Album rausbringen, bevor ich nicht die Nerven hatte, es auch performen zu können”, verrät er gegenüber der L.A.Times weiter. Neben zahlreichen Live-Performances veröffentlichte Abel 2013 und 2014 weitere Featurings, zu denen auch eins auf dem Song “
Love Me Harder” von
Ariana Grande zählte. “Viele Leute sagten damals zu mir, dass das was ich mache, experimentell sei. Für mich fühlte sich das aber alles normal an. Das Experiment war für mich eher, in die Welt des Pops einzutauchen”, verrät er weiter. Und warum machte er es dann? Abel wollte schon immer mit Produzent
Max Martin (
Katy Perry,
Taylor Swift,
Backstreet Boys) arbeiten und dieses Featuring öffnete The Weeknd die Tür in die Welt des Pop. “Und natürlich ist Ariana einfach großartig”, ergänzt er.
Auf internationaler Ebene war diese Kollaboration The Weeknds Durchbruch. Hier in Deutschland brauchte es allerdings erst noch einen Film, um das Publikum vollständig von ihm zu überzeugen. Nach fünf Versuchen, einen Track für den
Fifty Shades Of Grey-Soundtrack zu schreiben, war “
Earned It” fertig – und brachte The Weeknd sogar
eine Oscar-Nominierung ein. Im offiziellen Musik-Video zum Song zeigt sich dann auch Hauptdarstellerin
Dakota Johnson als sexy Tänzerin. Während es in “Earned It” um Zwischenmenschliches geht, ist der Text seines folgenden Hits “Can’t Feel My Face” keinesfalls ein Liebeslied. Vielmehr beschreibt Abel hier
die Wirkung von Kokain und landet damit in zahlreichen Ländern der Welt auf den oberen Rängen der Charts.
Diese beiden Songs bescherten The Weeknd einen weiteren – persönlichen – Erfolg: Im
Sommer 2015 kehrt er als Headliner zum Coachella Festival zurück – von Stimmproblemen oder Angst ist da keine Spur mehr. Abel erlebt, wie die Menschenmassen die Texte der beiden Tracks lauthals und sicher mitsingen. Bei der aktuellen Single “
The Hills” fällt ihnen das zwar schwerer – wahrscheinlich weil im Track Abels Muttersprache Amharisch zu hören ist – ihr Erfolg ist dennoch unbestritten. In den USA verdrängt sich The Weeknd mit der Basslastigen Nummer sogar selbst
von Platz 1 der Billboard-Charts. Sein zugehöriges aktuelles
Album “
Beauty Behind The Madness” steht zeitgleich natürlich ebenfalls auf der 1. Das ist Rekord.
The Weeknd live bei den BRITs 2016